Valkyria Revolution im Test – Ein Nerd an der Macht

Wenn die Leute Valkyria lesen, denken Kenner instinktiv an die Chronicles-Reihe. Eine Strategiespiel-Reihe, bei der gerne zum Vergleich XCOM herangezogen wird und doch ist es anders und für mich nicht so richtig vergleichbar. Nun steht ab Freitag unter dem Namen Valkyria Revolution das bereits in Japan erschienene Valkyria Azure Revolution in den europäischen Händlerregalen. Warum man den farbgebenden Namensteil aus dem Titel herausgelassen hat, kann ich nicht beantworten. Allerdings ist zu erwähnen, dass der Beiname „Revolution“ neben der Story auch Einfluss auf das Genre hat.

In den Geschichtsbüchern

Valkyria Revolution spielt in einem parallelen Universum zu der Welt aus der Chronicles-Reihe. Auch hier spielt das blaue Erz Ragnite eine wichtige Rolle. Denn das Erz enthält Mana und technisch versierte Alchimisten starten mithilfe eben jenes Gesteins eine technische Revolution. Durch die Gier nach dem Erz ensteht aber letztendlich ein Krieg zwischen den Ländern, in dem sich fünf Großmächte durchsetzen können. Der Kontinent und die Namen der Großmächte sind dabei stark an Europa angelehnt. Ruzi steht symbolisch für Russland, während das Preutzen Empire klar für das ehemalige Preußen steht. Dabei fällt das Königreich Jutland unter die Herrschaft des Ruzi Imperiums. Unsere Geschichte beginnt in Jutland, welche nach dem Krieg wieder die Unabhängigkeit erlangen will. Mithilfe des Vanargrand Squads unter der Leitung von Amleth Grønkjær greifen wir die Anlagen und Lager der Ruzi in Jutland an, um das Land wieder in die eigenen Hände zu bekommen. Amleth stürzt sich allerdings nicht alleine in den Kampf. Sein Squad besteht aus allerhand unterschiedlichen Charakteren, welche alle eine Begabung zur Alchemie haben und aus diesem Grund Kampfzauber, welche auf den natürlichen Elementen basieren, einsetzen können. Wer die Chronicles-Reihe kennt, weiß, dass Magie dort eher selten eingesetzt wurde, ganz im Gegensatz zu Revolution.

Neben der Unabhängigkeit von Jutland verfolgt Amleth allerdings mit vier anderen Kameraden noch ein sehr privates Ziel, bei dem es den fünf egal ist, ob sie ein Land in den Krieg stürzen. Neben dem Kampfgeschehen wird die Story durch eine Menge an Zwischensequenzen erzählt. Gefühlt schaut man mehr Zwischensequenzen, als dass man tatsächlich spielt. Die ganze Geschichte wird im Rahmen eines Interviews in der Gegenwart erzählt, welches von der Leiterin der Alchemisten Akademie mit einem Reporter geführt wird.

Easy Peasy Lemon Squeezy!

Ganz so einfach ist es wohl nicht, auch wenn einem unserer Teammitglieder gerne mal der Spruch über die Lippen geht. Das Gameplay ist ein Mix aus Echtzeit-Strategie, Action und Rollenspiel Elementen. Aber wo fängt man hier am besten an. Im Vergleich zu Valkyria Chronicles ist Valkyria Revolution kein rundenbasiertes Spiel, sondern alles läuft in Echtzeit ab. Wir haben lediglich im Befehlsmenü die Möglichkeit die Zeit kurz anzuhalten, um unseren Kameraden Befehle zu geben oder Zauber auszuwählen. Ein Squad besteht in den meisten Fällen aus vier Mitgliedern, bei denen wir immer einen direkt selbst steuern. Die Anderen können wir mittels des bereits genannten Befehlsmenüs neue Instruktionen geben oder wechseln per Knopfdruck selbst zu dem Kämpfer und übernehmen die direkte Kontrolle. Die KI arbeitet während unserer Abwesenheit allerdings nicht sonderlich clever. Man kann zwar eine Rollenverteilung von Nahkampf, Fernkampf und Supporter vor jeder Mission einstellen, dennoch agieren die Kameraden dezent dumm. Setzt der Gegner einen Zauber ein, welcher eine gewisse Einsatzzeit benötigt, bleiben unsere Mitstreiter im Zielbereich häufig einfach stehen, statt auszuweichen. Neben den normalen Soldaten gibt es aber auch noch einige andere Gegnertypen.

Neben spezieller Bewaffnung wie Schild und Schwert oder Muskete gibt es noch Panzerläufer und Elitesoldaten. In den Reihen der gegnerischen Armee gibt es aber auch Ränge, so ist es häufig ratsam erst die Kommandanten eines Trupps auszuschalten, um den Rest zu demoralisieren, wodurch diese schwächer angreifen können und deutlich anfälliger für unsere Angriffe sind. Neben der Demoralisierung gibt es aber auch noch Anfälligkeiten der verschiedenen Elemente. Feuer reagiert empfindlich auf Wasser, während Wasser wiederum empfindlich auf Erde reagiert und so weiter. Hinzu kommt dabei auch noch die Position. Gegner, die mit einem Schild bewaffnet sind, sind anfälliger von hinten. Gepanzerte Gegner können gut durch unsere Schock-Einheiten betäubt werden. Man merkt schnell, wie viele taktischen Elemente das Spiel besitzt, fast schon zu viele. Für den eingefleischten Taktikfuchs genügt es vermutlich aber gerade so. Sollte unsere Taktik einmal versagen und die Leben eines Kameraden auf null sinken, haben wir noch 60 Sekunden Zeit, um diesen zu reanimieren. Schaffen wir das nicht, haben wir nur noch die Möglichkeit den Spielstand neu zu laden, wenn das Teammitglied nicht für immer verloren gehen soll, denn ein Tod ist hier ganz in XCOM Manier permanent. Abseits des Kampffeldes kommen noch Rollenspiel Elemente hinzu.

Nach jeder Schlacht bekommen wir eine Bewertung unserer Leistung mit den typischen Noten von F bis S. Je besser wir waren, desto mehr Erfahrungspunkte und Kronen (die vorherrschende Währung) bekommen wir. Durch die Erfahrungspunkte steigen die Charaktere im Level auf und können neue Fähigkeiten im Zusammenspiel mit Ragniten freischalten. Ragnite ist, wie bereits erwähnt, das manahaltige Erz, aus dem die Kämpfer besondere Zauber herausziehen können. Indem wir die Zauber verkaufen, können unsere Kämpfer ihre Spezialisierung auf bestimmte Elemente erweitern, um dadurch stärkere Elementzauber einsetzen zu können. Mit Kronen und Werksmaterialien können wir bessere Ausrüstung herstellen lassen oder kaufen. Die Effekte der neuen Ausrüstung gelten für alle Gruppenmitglieder, während die Spezialisierungen der Talentbäume für jeden Charakter individuell sind. Wäre das nicht alles schon komplex genug, hat jeder Charakter auch noch individuelle Stärken und Schwächen. So hat einer in der Gruppe eine Gräserallergie und ist weniger effektiv, wenn er in Wäldern oder auf Feldern eingesetzt wird.

Auch der für Anime typische „Drunken Fighter“ ist mit von der Partie. Die Angriffe treffen vielleicht nicht immer, dafür wird er aber auch deutlich seltener vom Gegner getroffen. Neben des recht komplexen Gameplays gesellt sich eine etwas einfachere Steuerung. Auf dem Kampffeld bewegen wir uns normal mit dem linken Stick. Per Knopfdruck können wir entweder schneller laufen oder eine Abwehrhaltung annehmen, um Fernangriffe aufzuhalten. Mittels des Steuerkreuzes können wir direkt zu einem anderen Charakter wechseln oder Formationen ändern. Mittels Schultertaste können wir an Ecken oder Sandmauern in Deckung gehen. Die größte Verwirrung, die wohl generell bei der Steuerung liegt, stellt das Listenmenü dar. Während wir uns normalerweise mit dem Analog-Stick bewegen, müssen wir im Menü aus völlig unerklärlichem Grund auf das Steuerkreuz wechseln. Zwar funktioniert die Menüführung sehr gut mit dem Steuerkreuz, aber man erkennt, wie bereits erwähnt, nicht den Grund überhaupt den Daumen vom Analog-Stick nehmen zu müssen.

Eine Welt wie gemalt

Die Entwickler Media.Vision haben für Valkyria Revolution einen ähnlich zeitlosen Look wie für die Chronicles-Reihe geschaffen. Der typische Anime Look gepaart mit einem Filter, welcher über den ganzen Bildschirm gelegt ist und eine Art Leinwand Struktur einfügt, passt hervorragend zu der Prämisse der erzählten Geschichte. Technisch lief der Titel während der gesamten Spielzeit auf der Xbox One flüssig und ohne Probleme. Lediglich die immer wieder auftauchenden Ladezeiten für die Zwischensequenzen wirken sich negativ auf den Gesamteindruck aus. Das liegt vor allem daran, dass die Zwischensequenzen allesamt durch die Gouache Drawing Engine, welche auch für alles andere im Spiel verwendet wird, gestaltet sind und bei einem Szenenwechsel die Umgebung neu geladen werden muss. Darunter leidet allerdings auch die Qualität der Zwischensequenzen, denn die Animationen sind durch und durch sehr steif.

Auch die Synchronisierung sorgt eher für Ernüchterung. Die Dialoge sind zwar auch in englisch sauber eingesprochen, aber recht emotionslos. Da ist man doch recht schnell dazu verleitet, ganz in Anime Manier die Vertonung auf japanisch zu stellen und sich mit den englischen Untertiteln zu begnügen. Hier kommen die Emotionen deutlich besser rüber, die englischen Untertitel benötigen ein solides Englisch. Wer also eine deutsche Synchronisierung braucht oder zumindest deutsche Untertitel benötigt, wird hier enttäuscht sein und sollte wohl doch besser die Finger davonlassen. Der Soundtrack dagegen braucht sich nicht zu verstecken und bezaubert mit orchestraler Untermalung von Komponisten Yasunori Mitsuda. Durch das recht Blechbläser- und Trommlerlastige Ensemble erinnert der Haupttitel schnell an bekannte Musik aus Weltkriegsfilmen und trifft somit genau das Setting: heroisch, mitfühlend und doch schuldbeladen.

Fazit

Valkyria Revolution kann nur Leuten empfohlen werden, welche über ein ordentliches Englisch verfügen und einen Hang zur Taktik und Action-Rollenspielen haben. Man merkt also schnell, dass es sich bei Valkyria Revolution um einen Nischen-Titel handelt. Der Rest sollte bei dem Titel wohl doch eher erstmal eine Demo abwarten. Ob diese kommen wird, ist fraglich, allerdings gibt es für die japanische Variante zumindest den Prolog als Demo. Mich hat der Titel mit den taktischen und RPG Elementen jedenfalls gut unterhalten, obwohl ich bekanntlich nicht der größte Fan von japanischen Produktionen bin.

Valkyria Revolution
Grafik/Präsentation
79
Story/Atmosphäre
74
Gameplay
77
Spielspaß
79
Leserwertung2 Bewertungen
52
77