The Disney Afternoon Collection im Test – Ein Nerd in Entenhausen

Ach was waren die 80iger und 90iger Jahre toll: Verrückte Klamotten, schlechter Dancefloor, lediglich vier Fernsehkanäle, Spiele in 8 Bit und die besten Cartoons aller Zeiten. Sonntags in der Früh sprang man begeistert in der Zeit zwischen 6-7 Uhr freiwillig aus den Federn, um sich Trickserien (Ja, so hieß das damals) (und den Li La Launebär) rein zu ziehen. Noch heute sind die Titel von Darkwing Duck oder Chip und Chap wahre (trash)Klassiker und sorgen seelisch sofort für gute Laune, wenn man sie hört. Wer in meinem Alter (34) ist, der wird die Sonntage bzw. das Wochenende vermutlich so oder so ähnlich erlebt haben. Um die volle Dröhnung komplett zu machen, veröffentlichte Capcom damals bereits Lizenzspiele zu den beliebtesten Disney Serien auf dem NES. Heute, fast 30 Jahre später, ist Retro angesagt und Capcom bringt eine Collection der besonderen Art. The Disney Afternoon Collection beherbergt gleich sechs NES-Disney-Klassiker von damals. Ob die alten Kamellen auch heute noch schmecken, verraten wir euch im Test.

Chip ‘n Dale: Rescue Rangers 1 und 2

In Deutschland war das fulminante Streifenhörnchen-Duo unter dem Namen Chip and Chap: Ritter des Rechts bekannt. Als Detektive lösten die beiden allerhand Verbrechen, wobei der böse Kater Al Katzone in der Regel immer die Fäden zog. Für Capcom war der Erfolg der Serie Grund genug aus dem Material ein kurzweiliges und spaßiges Jump and Run zu entwickeln. 1990 erblickte Chip ‘n Dale: Rescue Rangers auf dem NES das Licht der Welt. Der Spieler hatte die Wahl zwischen beiden Rescue Rangern, die sich spielerisch jedoch nicht voneinander unterschieden. In acht Leveln galt es knackige Sprungpassagen und zahlreiche Auseinandersetzungen mit den fiesen Schergen Al Katzones zu überstehen. Eigentlich war in den 90igern ein beherzter Kopfsprung der Schlüssel zum Sieg, hier jedoch musste man Feinde mit allerhand Gegenständen bewerfen. Per Knopfdruck nahm man Kisten oder riesige Tomaten auf und schleuderte diese linear über den Bildschirm und beförderte so im Optimalfall die Widersacher ins Pixelgrab. Mehr Möglichkeiten zur Verteidigung hattet ihr als Spieler nicht. Im späteren Spielverlauf steckten Feinde mehr Treffer ein, nahmen in ihrer Anzahl zu und beharkten euch ebenfalls mit Geschossen. Die acht Level waren damals wie heute eher eine Mogelpackung, da der Disney-Spaß nach guten 60-90 Minuten schon wieder vorbei war. 1994 schob man bei Capcom noch den Nachfolger hinterher, der sich nahezu identisch spielte. Da zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits das Super Nintendo erhältlich war, ging der zweite Teil etwas unter. Auch hier sah man als Spieler jedoch nach acht Leveln bereits den Abspann, weswegen der Titel nicht unbedingt mit Umfang punkten konnte. Alles in allem machen die Spiele dank unkompliziertem Gameplay damals wie heute aber Spaß, besonders zu zweit.

DuckTales 1 und 2

Neben Firmen-Maskottchen Mickey Maus sind die schnabeligen Mitglieder der Entenfamilie Duck wohl die berühmtesten Charaktere der Disney Studios. In den Abenteuern schlüpft ihr in die Haut des superreichen Clan-Anführers Dagobert Duck. Eure Aufgabe in den Spielen ist es (wie könnte es auch anders sein), wertvolle Schätze auf der gesamten Welt zu finden. Thematisch passend gaben euch die japanischen Entwickler von Capcom deshalb klischeebehaftete Reiseziele rund um den Globus. So verschlug es euch in aztekische Ruinen, den verschneiten Himalaya oder doch etwas untypisch auf den Mond (was man als Kind nicht in Frage stellt). Spielerisch handelt es sich bei der DuckTales-Serie auch wieder um klassische 2D Jump and Run-Kost der 90iger. Wobei der erste Teil bereits 1989 erschien und der Nachfolger 1994, der den letzten Disney-Hüpfspaß markierte. Der Clou des Entenausflugs lag in Dagoberts Angriff mit seinem Pogostick (Gehstock). So konntet ihr nach dem Sprung in der Luft, etwas umständlich, mit Steuerkreuz runter und Knopfdruck eine Art Stampfattacke ausführen. Das klingt leichter, als es in der Realität war. Einmal aktiviert, konntet ihr mit Hilfe des Stocks auch bequem durch die Level springen und sogar stachelige Hindernisse überwinden. Dazu gab es 1989 in Teil 1 sogar schon dezente Anzeichen und Elemente des Metroidvania/Castleroid-Genres. Jede Welt ließ sich nach Abschluss erneut anwählen, da man mit bestimmten Items weitere Geheimnisse und Schätze bergen konnte. Im Gegensatz zu den oben genannten Streifenhörnchen war die Hüpferei mit der reichen Ente insgesamt zudem recht anspruchsvoll. Hat man den Dreh jedoch einmal raus, bietet euch DuckTales 1 wie 2 leider auch nur gute 60-90 Minuten Spielzeit.

Talespin

Oder hierzulande besser bekannt unter Käpt’n Balu und seine tollkühne Crew. In der Serie geht es um den bärigen Piloten Balu, der mit seiner Conwing L-16 (Hört auf den Namen Seegans) allerhand Frachtflüge absolviert. Auch hier stimmte der Rahmen für eine NES-Umsetzung, welche dieses Mal jedoch kein Jump and Run, sondern ein waschechtes Shoot em up darstellte. Darin fliegt ihr mit eurem gelben Metallvogel durch acht verschiedene Level, sammelt Fracht ein und nehmt allerhand Feinde ins Visier. Euer Flugzeug verfügt über eine Bordkanone, die sich zwischen den Leveln sogar aufrüsten lässt. Generell könnt ihr euer gesammeltes Geld am Ende einer Mission in zahlreiche Verbesserungen investieren. Ein neuer Motor macht euch deutlich schneller, beim Geschütz lässt sich die Schussfrequenz erhöhen und die dickere Panzerung schluckt mehr Treffer. Etwas ungewöhnlich bei Talespin ist die Tatsache, dass ihr euch per Knopfdruck auf den Kopf drehen und dann rückwärts schießen könnt. Solche Manöver sind bei späteren Bossgegnern unabdingbar und erleichtern euch in den letzten Welten das Leben. Im Grunde bildet diese kleine Besonderheit jedoch fast die einzige Spieltiefe im Titel. Power Upgrades, verschiedene Munition oder dergleichen sucht ihr vergeblich. So schludert ihr in den selbstscrollenden Leveln so vor euch her und entledigt euch feindlichen Objekten. Das mag jetzt leicht klingen, ist in der Realität aber und mit NES-Steuerung gar nicht so einfach. Unterm Strich ist Talespin somit das schwächste Spiel in der Disney Afternoon Collection.

Darkwing Duck

Zwo, Eins, Risiko! Was habe ich diese Serie damals geliebt. Die gefiederte Parodie auf den dunklen Ritter überzeugte damals mit Blödeleien und spannenden Geschichten. 1992 erschien das passende NES-Spiel zur Serie, welches ich bisher nie selber gespielt habe. Nun 2017 hatte ich die Gelegenheit diesen Fauxpas auszubügeln. Capcom bediente sich bei der Umsetzung recht schamlos an der hauseigenen Mega Man-Serie. Als Darkwing Duck rennt und ballert ihr euch nämlich durch vertikale wie horizontal ablaufende Level und nietet so ziemlich alles um, was euch vor den Blaster kommt. Das Spielgefühl, die Geschwindigkeit und das Movement erinnert frappierend an den blauen Bomber. Die dunkle Ente kann sich im Gegensatz zum Mega Mann jedoch an Kanten festhalten und hochziehen, muss dafür aber leider auf verschiedene Munitionstypen verzichten. Das Spiel punktet mit gutem Leveldesign und einem fordernden Schwierigkeitsgrad, bei dem die Endbosse der Level wirklich harte Nüsse darstellen. Man möchte fast meinen, es sei ein Running Gag, aber auch Darkwing Duck endet nach acht Leveln. Auch dieser Titel versorgt euch also recht kurzweilig mit brauchbarem Spielspaß, wobei klar zu sagen ist, dass er an das Vorbild Mega Man qualitativ nicht heranreicht. Trotzdem kann man mit Darkwing Duck auch heute noch Spaß haben und auf der Collection zählt es zu einer der besseren Titel.

Und sonst so?

Alle sechs Spiele der Collection kommen recht originalgetreu daher, lassen sich optisch aber auch in die Moderne hieven. Leider nicht mit neuer “Zaubergrafik” wie bei DuckTales Remastered, sondern eher in der Bildschirmdarstellung. Hier wählt ihr zwischen Original, Gestreckt und Vollbild 16:9. Um der verwöhnten und weich gewordenen Spielerschaft entgegen zu kommen, hat man außerdem eine Rückspulfunktion in jedes Spiel integriert. Das bedeutet, dass auch Leute, die Spiele packen werden, die sich nicht schon seit der NES-Ära mit Videospielen beschäftigen. Als nette Dreingabe spendierte Capcom jedem Spiel der Sammlung zusätzlich noch spezielle Modi. Im Time-Attack-Modus müsst ihr auf das Zurückspulen verzichten und mit euren regulären Leben auskommen und dabei noch möglichst schnell sein. Der Boss-Time-Attack-Modus wirft euch alle jeweiligen Bosse des Spiels nacheinander auf den Bildschirm. Hier habt ihr zwar unendlich Leben, müsst bei jedem Scheitern aber den Boss komplett neu versuchen. Komplettiert werden diese Modi durch Online-Ranglisten und die Möglichkeit die Aufzeichnungen der jeweils zehn schnellsten Spieler anzusehen. Als letztes Feature könnt ihr euch im Capcom-Disney-Museum umsehen. Hier gibt es allerhand eingescannte Dokumente, Spieleverpackungen, Konzeptzeichnungen und Sonderinformationen.

Fazit

 

The Disney Afternoon Collection
Grafik/Präsentation
70
Story/Atmosphäre
68
Gameplay
74
Multiplayer
73
Spielspaß
73
Leserwertung4 Bewertungen
78
72