The Bunker im Test – Ein Leben mit Geiger-Zähler und Gasmaske

Ein weiterer Titel reiht sich in die kleine, aber feine Nische der Live-Action-Videospiele ein. The Bunker, entwickelt von Splendy Interactive und Wales Interactive, lässt uns an einer packenden Geschichte teilhaben – mehr als dass wir sie beeinflussen können. Warum ihr The Bunker trotzdem ausprobieren solltet, erfahrt ihr in folgendem Test.

Unfreiwillige Unterbrechung der Routine

screens-thebunker-ps4-11986 – wir befinden uns in einem Bunker und werden Zeuge einer Geburt. Kurz darauf treffen über uns die ersten Atombomben auf England. Schnitt. 30 Jahre später. Wir sehen Mutter und Sohn. Scheinbar sind es die selben Personen, die wir bereits 30 Jahre zuvor kennengelernt haben. John – so der Name des Sohns – sitzt am Bett seiner im Sterben liegenden Mutter Margaret. Serienfans und Filmfans kennen sie, Sarah Greene, aus der Serie Penny Dreadful. John wird verkörpert von Adam Brown, der einigen als Ori aus den Hobbit-Verfilmungen bekannt sein dürfte.

Mit ihren letzten Worten versucht Margaret ihren Sohn davon zu überzeugen, nicht aufzugeben und in den oberen Räumen des Bunkers in Sicherheit weiterzuleben. 30 Jahre lang lebte John in einem klar strukturierten und routinierten Tagesablauf, den er nun alleine fortsetzen muss. Neben der Einnahme seiner Vitamine und dem Verzehr von einfachem Essen aus Konserven muss er außerdem täglich mithilfe eines Stabdosimeters die radioaktive Strahlung innerhalb des Bunkers messen und kontrollieren, ob alle Bestandteile des Bauwerks noch funktionstüchtig sind, um ihn vor Strahlung zu schützen. Er kümmert sich nur um sich selbst, denn er ist der letzte Überlebende im Bunker.screens-thebunker-ps4-3

Am 11110. Tag wird diese Routine jedoch jäh durchkreuzt, als ihm angezeigt wird, dass das Luftzirkulationssystem nicht mehr richtig funktioniert und ungewollt Strahlung in die unteren Ebenen des Bunkers wandert. Um nicht an der tödlichen Strahlung zu sterben muss John dieses Leck schließen. Dabei muss er sich entgegen den Forderungen seiner Mutter in die unteren Levels des Bunkers begeben. In ab und an auftauchenden Flashback-Szenen erfahren wir nach und nach was in dieser 30-jährigen Zeitspanne alles passiert ist und wie es dazu kommen konnte, dass bis zu diesem Tag nur Margaret und ihr Sohn John in diesem Bunker überleben konnten.

Bewegen, Benutzen, Begutachten

screens-thebunker-ps4-4In klassischen Quick-Time-Events müssen wir beispielsweise schwere Türen öffnen oder in den Flashback-Szenen beim Herumspionieren nicht entdeckt werden. Außerdem verweilen manche Szenen länger, was uns signalisieren soll, dass wir in diesem Bildausschnitt mit Dingen interagieren können. Kleine, weiße Symbole zeigen uns, dass wir uns Dokumente ansehen, einen hinteren Raum betreten oder eine Taschenlampe aufsammeln können. Große Entscheidungsmöglichkeiten, die die Geschichte nachhaltig beeinflussen können, fehlen in The Bunker komplett. Wenn wir ein Quick-Time-Event nicht bestehen sollten, fängt das Level lediglich von neuem an.

Die Level gestalten sich bis auf das Ende so, dass jede Ebene des Bunkers ein Level screens-thebunker-ps4-6darstellt und der Beginn eines jenen Levels als Checkpoint dient. Eine Level-/Kapitelübersicht im Hauptmenü gibt es jedoch nicht. The Bunker muss in chronologischer Reihenfolge abgeschlossen werden. In The Bunker beschränkt sich das Spielvergnügen zeitlich auch nur auf eine überdurchschnittliche Spielfilmlänge von 2 bis maximal 3 Stunden – je nachdem wie schnell man weiterkommt. Durch das Sammeln von kleinen Holzfiguren kann dies weiter in die Länge gezogen werden. Insgesamt neun Figuren können gesammelt werden. Sie liegen an mehr teils weniger versteckten Orten. Im Prolog erfahren wir, dass John all diese Figuren selbst geschnitzt hat und sie vermutlich bei seinen Erkundungstouren durch den Bunker an den unterschiedlichsten Orten verloren gegangen sind.

Spielfilm durch und durch

screens-thebunker-ps4-5Die Musik und manchmal auch der Verzicht auf eben diese sind atmosphärisch und passend zur Situation sehr gut eingesetzt und das Geräusch eines anschlagenden Geiger-Zählers hinterlässt bei mir immernoch Gänsehaut und Unbehagen. The Bunker gibt es nur in englischer Fassung mit englischen Untertiteln. Die waren an manchen Stellen auch hilfreich, da manche Schauspieler in einem starken britischen Akzent gesprochen haben. Papiere und andere Dokumente wurden außerdem vorgelesen. Man konnte sich diese nachher noch einmal selbst durchlesen, auch wenn die Schrift ab einem gewissen Abstand zum Bildschirm schwer lesbar war.

Die Kamera legt dabei besonderen Wert auf die Emotionen der Figuren und verweilt gerne längere Zeit in Detailaufnahmen auf den Gesichtern. Trotzdem nehmen wir größtenteils die Beobachterposition ein, immer auf den Rücken von John schauend, und nicht Johns Sicht selbst – also die First-Person-Sicht. Deutlich wird das bei einigen Szenen, in denen John bereitsscreens-thebunker-ps4-9 sieht was vor ihm passiert, wir als Spieler jedoch nur eine Detailaufnahme seiner Schuhe sehen, wie sie sich zu etwas hinbewegen. Dadurch wird immer eine gewisse Distanz zwischen John und dem Spieler gewahrt.

Manche würden The Bunker schon fast als Horror-Film bezeichnen. Es bedient sich hier häufig an den klassischen Jumpscares. Die braucht es aber meiner Meinung nach überhaupt nicht, um bei dem Spieler bzw. Zuschauer Herzrasen auszulösen. Geiger-Zähler, Sirenen oder Menschen in Gasmasken verursachen diese Gefühle schon von ganz alleine. Im Hinblick auf die Thematik passt The Bunker jedoch deutlich eher in das Thriller-Genre und hat nur ab und zu ein paar Horror-Elemente in petto.

Fazit

The Bunker ist wirklich ein Erlebnis. Die Geschichte rund um John ist spannend erzählt und dessen Auflösung sehr packend inszeniert. Dennoch war dieses Erlebnis nur von kurzer Dauer. Am Ende blieb immer der Wunsch, mehr erkunden zu können. Es stellt sich somit die Frage, ob es diese Quick-Time-Events und Co. wirklich braucht, da wir als Spieler die Geschichte nicht beeinflussen können. Selbst wenn uns an manchen Stellen mehrere Optionen zur Verfügung stehen, hinterlassen diese den Eindruck, dass egal wie wir uns entscheiden wir an dem Geschehenen nicht viel ändern können. Meiner Meinung nach hätte The Bunker genauso gut als Spielfilm funktioniert und hätte vermutlich ähnliche wenn nicht sogar die gleichen Emotionen bei mir ausgelöst. Trotzdem war The Bunker jede Sekunde wert und das offene Ende hat mich noch einige Zeit beschäftigt. Abgesehen davon haben Sarah Greene, Adam Brown und der gesamte Cast die Figuren wunderbar zum Leben erweckt.

The Bunker
Grafik/Präsentation
80
Story/Atmosphäre
84
Gameplay
60
Spielspaß
75
Leserwertung0 Bewertungen
0
75