Teenie-Horror Until Dawn im Test

Nachdem in den 90er-Jahren Filme wie „Scream“ oder „Ich weiß was du letzten Sommer getan hast“ nicht nur beliebt sondern auch erfolgreich waren, bringt Sony mit Until Dawn jetzt den klassischen Teenie-Horror in Videospiel-Form zurück ins Wohnzimmer. Ob dies gelungen ist, erfahrt ihr in unseren Spieletest.

Clique Jugendlicher allein im Wald

screenshot-until-dawn-02Jedes Jahr trifft sich die Clique der Geschwister Hannah, Beth und Josh in der elterlichen Washington Lodge in den Bergen von Blackwood Pines. Doch in diesem Jahr ist alles anders, nachdem im Jahr zuvor Hannah und Zwillingsschwester Beth auf mysteriöse Weise ums Leben gekommen sind. Bruder Josh möchte die Tradition aber nicht fallen lassen und so auch das Geschehene um seine beiden Schwestern aufarbeiten. Daher trifft sich auch dieses Jahr wieder die Clique in den verschneiten und verlassenen Bergen. Zwar haben viele ein mulmiges Gefühl an den Ort des Schreckens zurück zu kehren, aber sie machen sich dennoch alle wieder auf den Weg in die Berge. Sehr schnell stellt sich aber heraus, dass es auch dieses Jahr kein ruhiger Aufenthalt möglich sein wird. Der Psychopath, der auch Hannah und Beth auf dem Gewissen hat, scheint es auch auf die diesjährige Party-Gesellschaft abgesehen zu haben. Doch ist er auch allein? Ein Rennen um Leben und Tod beginnt.

Teenie-Horror-Film als Videospiel

screenshot-until-dawn-05Erst zuletzt haben wir über den Katalog zur Ausstellung „Film und Games – Ein Wechselspiel“ in Frankfurt geschrieben, worin es, wie der Name schon vermuten lässt, um die Annäherung und Gemeinsamkeiten von Filmen und Videospielen geht. Until Dawn wäre ein Paradebeispiel dafür gewesen, wie sehr sich beide Medien beeinflusst haben und in diesem Beispiel Hand in Hand gehen und wunderbar funktionieren.

Von Anfang bis Ende Inszeniert sich das Spiel wie ein Film. Das geht von Kamerafahrten, über dramaturgisch eingesetzt Schärfenuntiefe und sogar Schnitte, wie man sie bisher nur von Filmen kannte. Ein Interaktiver Film in seiner Reinform. Wie man es bereits von einigen anderen Spielen dieses Genres von Sonys PlayStation kennt, kommen auch in Until Dawn vorwiegend QTEs (Quick Time Events) zum Einsatz. Normalerweise bin ich kein großer Fan vom übermäßigen Einsatz dieser Art der Steuerung, aber in diesem Fall würde ich sogar sagen, dass es dem Spiel unheimlich weiter hilft.

Quick Time Events passen einfach wunderbar in das Konzept des Spiels. Zwar sind die Interaktionen im Spiel dadurch eher gering und neben dem herum gehen in der Lodge und den verschneiten Bergen von Blackwood Pines, um dem Psychopathen zu entkommen und Hinweise zum Tod von Hannah und Beth, als auch die düstere Vergangenheit der Region zu suchen, bleiben eben nur noch die Quick Times übrig. Diese kommen aber zu passenden Zeitpunkten zum Einsatz, so dass man nie das Gefühl bekommt, dass man nur Knöpfchen drückt und nicht Teil des Spiels ist. Neben brenzligen Situationen wie Sprung- oder Flucht-Passagen müssen auch Entscheidungen getroffen werden, welche sich direkt auf den Verlauf der Geschichte auswirken und über Leben und Tod von verschiedenen Mitgliedern der Clique entscheiden.

screenshot-until-dawn-08Unterteilt ist das Spiel in mehrere Kapitel. Zu Anfang eines jeden Kapitels wird der vermeintliche Psychopath, dessen Gesicht man aber zunächst nicht präsentiert bekommt, scheinbar von einem Therapeuten befragt. Fragen zu Ängsten, Sympathien oder Vorlieben stehen dabei auf dem Plan, wodurch das Spiel nach euren Angaben angepasst wird. Etwas irritiert haben mich nur die auf die Therapeuten-Sequenz fogenden „Was bisher Geschah…“-Einspieler. Entweder soll dies dem Spiel den Charakters einer TV-Serie verleihen, oder aber das Spiel war ursprünglich mal als Episoden-Spiel geplant, was in meinen Augen sogar gut funktioniert hätte. Aber sagen wir einfach, dass die Rückblicke einfach ein Stilmittel sind.

Grafik + Sound + Story = Gänsehaut

screenshot-until-dawn-07Die größte Stärke von Until Dawn ist allerdings das Zusammenspiel zwischen Grafik, Sound und der packenden Story. Zwar wirkt die Geschichte um die Clique teilweise etwas konstruiert, insgesamt ist sie aber schlüssig und vor allem spannend. Mir ging es fast die ganze Zeit so, dass ich ganz vergessen habe, einer eher überschaubar Steuerung mit zahlreichen QTEs ausgeliefert zu sein, da ich so gebannt von der packenden Atmosphäre war. Was ich allerdings verstehen kann ist, wenn sich jemand an den verschiedenen Charakteren stört. Sie bedienen tatsächlich jedes Klischee aus den in der Einleitung erwähnten Filmen. Der Dunkelhäutige, die Asiatin, der Football-Spieler, die Cheerleaderin, die arrogante aber im Kern ganz weiche Schönheitskönigin… alles ist mit dabei. Mir haben die Charaktere trotz ihrer Vorhersehbarkeit aber trotzdem gefallen. Einfach nur weil es so wunderbar passt und ohne diese Klischee tatsächlich etwas gefehlt hätte. Spieler, die Scream und Konsorten aber nicht aus ihrer Jugend kennen, kann das möglicherweise anders gehen.

Die wirklich hervorragende Grafik, die mit butterweichen Animationen und einem Detailgrad auftrumpft, von denen manch andere Spiele nur träumen können, tut ihr übriges. Unterstützt von dem Horrortypischen kreischenden Geigen und diversen mit Soundeffekten unterlegten Schockmomenten, wird eine wirklich beklemmende Atmosphäre erzeugt. Nicht selten hatte ich den Gedanken oder vielmehr Wunsch, ob ich nicht lieber eine Pause einlegen und etwas fröhlicheres zur Ablenkung spielen sollte. Der Drang wissen zu wollen wie es weiter geht war aber immer größer als die Angst vor dem nächsten Schockmoment.

Durch das Konzept mit den Entscheidungen und direkten Auswirkungen auf die Story – was nicht wirklich etwas neues ist, aber hier wirklich gut funktioniert – laden die Entwickler die Spieler auch ein, Until Dawn noch einmal auf eine andere Weise zu erleben. Gut möglich, dass im zweiten Durchlauf mit anderen Entscheidungen einer der Cliquen-Mitglieder die Horror-Nacht überlebt, wo er oder sie noch beim ersten mal das zeitliche gesegnet hat. Trophäen-Jäger kommen ohnehin nicht um mehrere Durchläufe herum, sofern man wirklich alle Trophäen erlangen möchte. Aber auch für nicht Trophäen-Jäger lohnt es sich Until Dawn ein weiteres mal zu spielen.

Fazit

Mich hat das Spiel ein wenig überrascht. Wenn man meinen The Order-Test gelesen hat, dann wundert man sich sogar ein wenig, dass mir das Spiel so gut gefällt. Denn darin habe ich besonders die vielen Quick Time Events und wenigen Interaktions-Möglichkeiten kritisiert. Gewisse parallelen gibt es immerhin auch zu Until Dawn. Verpackt sind beide Spiele in einer überaus überzeugenden Grafik und weisen eine sehr gute Story auf. Der gravierende Unterschied zwischen den beiden Spielen ist aber, dass das Konzept bei Until Dawn wunderbar aufgeht und funktioniert. Es ist ein überzeugend gut inszenierter Interaktiver Film, der mich absolut in seinen Bann gezogen und nicht nur einmal zusammen zucken lassen hat.

 

Until Dawn
Grafik/Präsentation
92
Story/Atmosphäre
90
Gameplay
80
Spielspaß
90
Leserwertung0 Bewertungen
0
88