Shadow Tactics: Blades of the Shogun im Test – Ein Nischengenre kehrt aus dem Schatten zurück

Erinnert sich noch jemand an das Taktikspiel Commandos aus den späten Neunzigern? In diesem Echtzeitstrategiespiel aus dem Hause Eidos war man, anders als in den damals üblichen Echtzeitstrategiespielen, hier nicht für das Ausbilden und Befehlen ganzer Armeen verantwortlich, sondern kommandierte eine kleine Spezialeinheit im zweiten Weltkrieg gespickt aus einer Hand voll hochspezialisierter Profis die hinter den feindlichen Linien gegnerische Stellungen infiltrieren oder sabotieren sollten. Hier galt es taktisch wohl überlegt die gegnerischen Patrouillenwege zu lernen, einzelne Wachen gezielt in Fallen zu locken und möglichst lange vom Feind unentdeckt zu bleiben. Das kleine aber höchst anspruchsvolle Spieldesgin wusste sowohl Fans als auch der Fachpresse zu gefallen, es folgten 2 weitere Teile und diverse Ableger in anderen Szenarien (Robin Hood).

Anfang des neuen Jahrtausends wurde es jedoch recht schnell still um das strategische Subgenre und lange Zeit schien es so, als blieben weitere Ableger reines Wunschdenken bis die deutschen Entwickler von Mimimi Productions mit Shadow Tactics: Blades of the Shogun Ende 2016 auf dem PC ein gelungenes Comeback feierten. Nun erscheint das Spiel auch auf PS4 und Xbox One. Ob Shadow Tactics technisch überzeugt und vor allem die komplexe PC-Steuerung angemessen auf die Konsolen übertragen wurde, findet ihr im folgenden Test heraus.

Fernöstliches Meucheln

Wie der Titel schon vermuten lässt, führt uns Shadow Tactics: Blades of the Shogun ins mittelalterliche Japan des 17. Jahrhunderts zur Zeit der Edo- Periode. Der fernöstliche Baustil die malerischen Klippen und Bergketten sowie die Detailverliebtheit innerhalb der Festungen und Dörfer schaffen ein angenehmes Gesamtbild. Es ist manchmal so, als betrachte am eine akribische erbaute Modelllandschaft. Doch sollte man sich von der optischen Schönheit des Spiels nicht täuschen lassen. Shadow Tactics ist ein bockschwereres Strategiespiel bei dem schon das bloße „Entdeckt werden“ meist mit dem Bildschirmtod bestraft wird. Die märchenhaft anmutenden Burgen und Landschaften sind voll von aufmerksamen Wachposten und schreckhaften Zivilisten die beim kleinsten Verdacht Alarmschlagen. Zum Glück stellt uns das Spiel einige sehr hilfreiche Gameplayelemente sowie fünf Recken mit allerlei Spezialfähigkeiten, Waffen und Werkzeug zur Verfügung um auch die bestbewachteste Festung erfolgreich zu infiltrieren.

Was ich nicht sehe ist nicht da

Die wohl wichtigste Fähigkeit die uns das Spiel selbst zur Verfügung stellt, sind die sogenannten Sichtkegel der Gegner. Diese Sichtkegel stellen den Bereich dar, in dem unsere Figuren von den Wachen entdeckt werden können. In den hinteren, grauen Bereich der Kegel sind wir in geduckter Haltung weiterhin nicht sichtbar während wir im vorderen, hellen Bereich der Sichtzone in jeder Stellung sofort entdeckt werden. Dummerweise überschneiden sich die Sichtbereiche der Wachen natürlich auch ständig und wechseln, wie es sich für gewissenhafte Patrouillen gehört, ständig ihre Position. Ob wir in einem Bereich sicher vor unerwünschten Blicken sind, finden wir mit Hilfe der Augenmarker heraus. An beliebigen Stellen auf der Spielkarte, können wir diese Augenmarker platzieren, sobald sich dieser Marker im Sichtbereich einer Wache befindet, wird uns dieser angezeigt.

Dies sind die zwei wichtigsten Optionen die uns das Spiel, neben einer Frei drehbaren sowie zoombaren Karte, zur Verfügung stellt und nur wenn wir diese sorgfältig und vorausschauend nutzen werden wir erfolgreich zum Ziel kommen. Daneben gibt es natürlich noch die Fähigkeiten unserer fünf außergewöhnlichen Infiltrationen auf die im folgenden Abschnitt genauer vorgestellt werden.

Schattiges Platzieren

Wie bereits erwähnt verfügen unsere Helden über sehr individuelle Fähigkeiten. Der Dieb beispielsweise agiert recht schnell und flink und kann sich oft unbemerkt über Dächer bewegen. Der kräftige Samurai kann mit seinem Schwert verheerenden Schaden austeilen während der Scharfschütze lästige Wachen am liebsten aus der Ferne aufs Korn nimmt. Zudem ist es auch möglich, clever mit der Umgebung und den Fähigkeiten der Helden zu interagieren. Explosive Fässer eigenen sich beispielsweise hervorragend für den Scharfschützen um möglichst viele Feinde, die zuvor am besten noch möglichst zahlreich von der Geisha oder einem anderen Mitstreiter dort hingelockt wurden, durch einen gezielten Schuss an der folgenden Explosion aktiv teilhaben zu lassen.

Sind die Wachposten jedoch einmal zu ungünstig positioniert und können nicht problemlos voneinander getrennt werden, können wir mit dem Schattenmodus einen weiteren praktischen Trick aus unserer Toolkiste hervorziehen. Mit dessen Hilfe, lassen sich komplexe Manöver ausführen. So können wir dem Dieb befehligen, seine Klingen genau dann zum Einsatz zu bringen, während der Samurai in anderer Position eine andere Wache ausschaltet und dabei gleichzeitig von unserem Schützen noch Deckung erhält. So ist es möglich stressige Umwege oder nervige Alarmketten geschickt zu umgehen, zumal das Gefühl eines erfolgreich ausgeführten Schattenmanövers herrlich befriedigend ist.

Äußerst wachsam

Ein besonderes Lob muss man den Entwicklern bei der Gegner KI von Shadow Tactics machen. Dass die Wachen Fußspuren im Schnee folgen oder auf auffällige Geräusche reagieren, kennt man ja schon aus den alten Commandos oder Metal Gear-Teilen. Was mir allerdings neu ist, ist die Tatsache, dass die Wachposten das „merkwürdige Verschwinden“ ihrer Kollegen nicht tatenlos hinnehmen. Wachposten werden ersetzt, Routen geändert und Offiziere teilen anderen Kollegen mit, wenn sie einen Eindringling vermuten. Es gibt Gegner die nicht auf Ablenkungsmanöver reagieren und gegnerische Samurais lassen sich nicht ohne weiteres hinterrücks abmeucheln. All diese Faktoren müssen bei der Infiltration zusätzlich beachtet werden und verschaffen dem Gameplay einen angenehm fordernden Spielfluss.

Die (fast) volle Kontrolle

Eine der wichtigsten Fragen im Strategiegenre ist zweifelsohne die Steuerung auf Konsole. Oft krankt es aufgrund mangelnder Mouse- und Tastaturunterstützung an der nötigen Schnelligkeit und Präzision der Befehlseingaben. In Shadow Tactics wurden diese Probleme hingegen weitestgehend zufriedenstellend gelöst. Die Spielfiguren steuern bei der Anwahl angenehm direkt, so dass man sich eher an ein Diablo 3 erinnert fühlt, als an ein Strategiespiel. Die Kamera lässt sich schnell und komfortabel per Schultertasten drehen und zoomen. Sicherlich geht das auf dem PC etwas schneller, doch hält sich der Zeitverlust in überschaubaren Grenzen, zumal man sich für das erfolgreiche Abschließen einer Mission ohnehin etwas mehr Zeit lassen sollte. Per Aktionstaste erklimmen unsere Helden Felsvorsprünge und Dächer wobei es jedoch schade ist, dass Sprung- und Kletterpassagen nur an bestimmten Stellen möglich sind, was dem Spiel ein Stück weit die taktischen Möglichkeiten und auch Freiheiten nimmt.

Ein besonderes Lob muss auch nochmal für die zum größten Teil geglückte Portierung von PC auf Konsole gemacht werden. Technische Probleme mit der Bildrate oder lange Ladezeiten sind mir während der gesamten Spielzeit nicht aufgefallen. Das Spiel steuert sich in den meisten Situationen angenehm flüssig und macht das Fehlen einer Tastatur mit Maus Unterstützung fast vergessen. Es dauert vielleicht einen Moment länger auf Konsolen doch wer hier schnell und hektisch vorgehen möchte, wird es eh nicht über die Tutorialmission hinaus schaffen.

Fazit

Shadow Tactics bietet genau die Art von Strategiespiel mit taktischem Anspruch, die ich seit den seligen Commandos-Zeiten so geliebt und auch vermisst habe. Das Austüfteln eines Masterplans, das Auskundschaften der Befestigungsanlagen und Studieren der Patrouillenwege sorgen für angenehme und hoch spannende Spielmomente, zumal sich hier alles in Echtzeit abspielt und selbst kleinste Fehler meist gnadenlos bestraft werden. Zum Glück haben die Entwickler eine Schnellspeicherfunktion integriert, so dass sich der Frust bei missglückten Manövern in überschaubaren Grenzen hält, sofern man sie denn regelmäßig nutzt. Einzig die vom Spiel vorgegebenen Positionen zum Erklimmen von Gebäuden oder Felsen sowie die eher belanglose Story trüben ein wenig den Spielspaß. Mimimi Productions haben mit Shadow Tactics ein spannendes und zulange brachliegendes Strategiegenre erfolgreich wiederbelebt und wir können nur hoffen, dass es ein Anstoß für andere Entwickler sein wird, sich diesen anspruchsvollem aber ebenso spaßigen Spielen zu widmen.

Shadow Tactics: Blades of the Shogun
Grafik/Präsentation
87
Story/Atmosphäre
75
Gameplay
80
Spielspaß
85
Leserwertung1 Bewertung
100
82