Mafia 3 – Ein Test, den man nicht ablehnen kann

Seit einer Woche ist der dritte Teil der Mafia-Reihe nun in den Händlerregalen. Die Kritiken aus allen Richtungen sind meist negativ gestimmt, hat man doch hier das GTA der 60er erwartet. Unrecht hat man mit diesem Standpunkt auf gar keinen Fall,  da es im Grunde nicht das hält was es verspricht. Ich muss für meinen Teil sagen: Als ich hörte, dass ein neuer Mafia-Teil in die Regale kommt, habe ich inständig gehofft, dass auch dieser Teil wieder ein recht linearer Open World Titel wird. Ich nehme in diesem Test den Titel durchaus anders wahr, als es üblich ist und möchte auch an gewissen Punkten näher erläutern warum.

Der eine, der überlebte

mafia3-8Lincoln Clay, der mit zwei Jahren von seiner Mutter verlassen wurde und in einem Waisenhaus aufgewachsen war, schließt sich Sammy und seiner schwarzen Mafia an. Rassismus ist allgegenwärtig und das bekommt auch Lincoln oft genug zu spüren. Selbst als er sich für die Armee meldet und in den Vietnam Krieg zieht, ist die Trennung zwischen “Schwarzen” und “Weißen” immer ein Thema. Trotzdem merkt man schnell, dass Lincoln eine Kämpfernatur ist und als er als hochrenomierter Soldat wieder zurück in seine Heimat New Bodeaux kommt, muss er feststellen, dass seine “Adoptiv“-Familie Schulden bei Sal Marcano (Oberhaupt der Mafia in New Bordeaux) hat. Natürlich kümmert er sich schnellstmöglich darum, diese Schulden zu tilgen, in dem er mit einer Gruppe eine Bank ausraubt. Leider kommt es, wie es kommen musste: Marcano ist nicht bereit zu teilen und lässt Sammy, Lincoln und Co. töten. Lincoln überlebt wie durch ein Wunder und startet mit seinen Kontakten zur CIA und neu gewonnenen Partnern einen Rachefeldzug gegen die komplette Mafia. Wie so häufig ist die Geschichte keine Neuerfindung des Rades, dafür kann sich aber die Inszenierung mit den einzelnen Zwischensequenzen durchaus sehen lassen. Ich hab mich vor allem sehr darüber gefreut, den Protagonisten aus Mafia 2 noch einmal sehen zu dürfen. Ein wenig älter, aber immer noch ein harter Hund, ist Vito Scarletta immer noch der Alte. Auch unsere anderen Begleiter sind ganz eigene Charaktere, bei denen wir nach und nach auch immer mehr Hintergrundwissen bekommen.

Ein Angebot, das du nicht ablehnen kannst.

mafia3-5Für das Mafiafeeling setzt 2K hier eine typische Open World Schematik ein. Hier liegt aber auch einer der großen Knackpunkte von Mafia 3. In der Vergangenheit konnte man in den Mafia-Teilen nie viel mehr machen, als die Fantasie erlaubte, so auch wieder in diesem Teil. Der Titel möchte den Spieler gezielt damit auf die Missionen lenken, um diese weiter voranzutreiben und die Geschichte nicht nur einfaches Beiwerk werden zu lassen, wie es in Open World Titeln doch so häufig passiert. Also haben wir eine Hand voll verschiedener Missionstypen, können auf die Jagd nach Sammelgegenständen gehen und Gebiete durch Verteilerkästen aufdecken. Mit den Verteilerkästen ist es uns, wie bei Sendetürmen in anderen Spielen, möglich, die Elemente in der näheren Umgebung anzeigen zu lassen. Gleichzeitig verrät sie uns aber auch immer per Knopfdruck die genaue Position von Gegnern. Ob es nun mit Sichtkontakt sei oder eben nicht. Natürlich können wir die Verteilerkästen auch in Ruhe lassen, Konsequenz daraus ist aber, dass wir die Position der Gegner erst bei Sichtkontakt erfahren. Nach und nach erobern wir also die Gebiete der Mafia, welches nach einem bekannten Schema arbeitet. Wir müssen strategisch wichtige Standorte der Mafia einnehmen oder zerstören, um den bezirksansässigen Leutnant aus dem Versteck zu locken, damit der Schlange der Kopf abgeschlagen werden kann. Haben wir einen Bereich übernommen, können wir diesen dann einem unserer Partner zuweisen, der das Gebiet für seine Geschäfte nutzt und mehr Einnahmen an uns abwirft. Gleichzeitig schalten wir so aber auch neue Features frei, wie Gesundheitsbalken, neue Waffen oder mehr Munition tragen zu können. Gleichzeitig handeln wir aber auch so, wie es sich für einen richtigen Mafiosi gehört (mit Gefallen und machen nicht ablehnbare Angebote). Eine Stärke von Mafia 3 ist wohl wirklich das Storytelling. Die Geschichte wird durch verschiedene Personen als eine Art Rückblende erzählt, aber dabei nie von Lincoln selbst. Personen, die Lincoln nahestanden oder mit seinen Fällen zu tun hatten, werden befragt und wir sitzen im Wohnzimmer als aufmerksamer Zuhörer daneben. Die Zwischensequenzen machen dabei eine tolle Figur und wissen zu überzeugen.

Ehrliche Leute leben gefährlich!

mafia3-7Generell hat man auf die Authenzität einen wirklich hohen Wert gelegt. Gespräche werden während der Fahrt nicht durch ein fahrerisches Missgeschick komplett abgebrochen. Der Beifahrer kommentiert unsere Aktion aber und fragt sich dann, wo ihr im Gespräch wart und redet an der Stelle weiter. Das sind die Details, die ich wirklich liebe im Storytelling. Während wir mit dem Auto unterwegs sind, haben wir ein etwas anderes Navigationssystem. Arbeitet doch der Großteil der Spiele mit einer Linie auf den Boden, zeigt das “Navigationssystem” in Mafia 3 doch nur Schilder am Straßenrand an. Die Schilder sind dabei gut zu sehen und fügen sich in das Gesamtbild der Stadt ein. Brauchen wir wirklich eine Linie auf dem Boden, müssen wir uns an der Minimap orientieren. Auch das Schießen aus dem Auto wurde anders umgesetzt. Jetzt gilt es sich mehr auf das Fahren zu konzentrieren, denn wenn wir einen Wagen verfolgen, zielen wir in dessen Nähe automatisch. Dabei müssen wir den richtigen Moment abwarten, um den Wagen per Knopfdruck zu treffen. Lincoln, als ausgebildeter Soldat der Special Forces, hat natürlich auch im Kampf Mann gegen Mann einiges in petto. Ob nun die lautlosen Gurillia Taktiken aus dem Vietnamkrieg oder frontal mit allerhand Bleispritzen, lässt er seinen Gegnern wenig Luft. Dabei sind die Animationen angenehm abwechslungsreich. Allerdings schwankt das Balancing wirklich stark zwischen den Features, so kann er sich beispielsweise mit Schleichen doch fast ohne Herausforderung durch die Gegner meucheln, obwohl es in der frontalen Begegnung ohne vorhandene Deckung schnell einmal “hakelig” werden kann. Das Schleichen ist aufgrund der etwas dümmlichen KI zu einfach. NPC’s erblicken herumliegende Leichen erst sehr spät, was es Lincoln zusammen mit der zu großen Reichweite aus Verstecken heraus einfach macht, den erschrockenden Gegner zu lynchen. Schade, es hätte dem Spiel besser getan, die KI gerade bei nicht drohender Gefahr ein wenig aufmerksamer zu gestalten. Dagegen verhalten sich die Gegner, während eines offenen “Bleiaustausches”, entsprechend ihrer Bewaffnung. Mit der Schrotflinte versucht der Gegner näher an uns heran zu kommen, während mit Pistolen und Gewehre bewaffnete Gangster versuchen, uns auf Distanz zu halten. Deckungen können dabei sowohl von uns als auch vom Gegner zerstört werden und es heißt in Bewegung zu bleiben. Generell gibt uns Mafia 3 aber viele Möglichkeiten, das Spiel auf unsere Bedürfnisse anzupassen. Ob nun mit Hilfe der drei verschiedenen Schwierigkeitsgraden, der Möglichkeit die Fahrphysik zwischen Simulation oder Arcade umzustellen oder die Zielhilfe auf drei verschiedene Stärken einzustellen. Man kann einfach das Spiel auf seine Bedürfnisse anpassen.

mafia3-12Bei all dem Fokus muss auch irgendetwas darunter leiden. In diesem Fall ist das die Grafik. In der Präsentation gibt es leider einen kleinen Sprung zwischen Licht und Schatten. Sind wir zu Fuß durch die Stadt oder kleineren Gebieten unterwegs, glänzt der Titel wirklich mit Details und guten Lichteffekten. Animationen laufen rund und der Flair der 60er kommt super rüber. Anders sieht das Ganze allerdings aus, wenn wir uns in ein Auto setzen. Diese sind im wahrsten Sinne des Wortes zu schnell. Die Konsole kann nicht mehr Texturen rechtzeitig rendern und die Lichteffekte fallen dünn aus oder haben sogar Fehler. Auch der Regen sieht auf den ersten Blick gut aus, aber wenn man genauer hinschaut, sind alle Personen eigentlich eher mit einem Ölfilm überzogen und leuchten ein wenig. Dass der Titel laut sozialen Netzwerken allerdings aussieht wie GTA San Andreas auf der PlayStation 2, halte ich für deutlich überzogen. Hoffentlich bessert 2K in den Bereichen noch nach. Viel Licht finden wir allerdings bei der Vertonung, nicht nur der Soundtrack ist genial mit Titeln wie “Knock on Wood” oder “Hey Big Momma”, sondern auch die Synchronisation. Bei dem Titel ist, wie eingangs erwähnt, sehr viel Wert auf Authenzität und gutes Storytelling gelegt worden. Das hier in dem Spiel der Gebrauch von Schimpfwörtern und rassenfeindlichen Ausdrücken etwas höher ausfällt, passt leider zu der Zeit. Die gesellschaftliche Situation von damals befürworte ich zwar in keinster Weise, dennoch tut es der Immersion des Spiels wirklich gut. Auch bei der Vertonung hat der Titel wieder einiges an Einstellungsmöglichkeiten bereitgestellt. So können wir zwischen den verschiedenen Vertonungen systemunabhängig wählen und die Sprache der Untertitel separat wählen. Also auch Fans der englischen Synchronisierung kommen auf ihre Kosten, ohne die Systemsprache der Konsole umstellen zu müssen.

Fazit

Wer einen Open World Titel mit allen Freiheiten haben möchte, sollte hier die Finger davon lassen. Das versprochene GTA der 60er wird man hier nicht finden. Wer dagegen einen erfrischend linearen Open World Titel möchte, der eine dichte Atmosphäre mit der Story aufbauen kann, sollte sich Mafia 3 einmal genauer anschauen. Wer also die anderen Mafia-Teile mochte, wird auch mit dem dritten Ableger seinen Spaß haben. Da er teilweise sogar als nicht Vollpreistitel zu erhalten ist, ist er seine 40-50 € definitiv wert.

Mafia 3
Grafik/Präsentation
74
Story/Atmosphäre
85
Gameplay
77
Spielspaß
83
Leserwertung1 Bewertung
65
80