Jotun: Valhalla Edition im Test – Ein Nørd stellt sich den Göttern

Nordische Mythologie – mehr brauchte es nicht, um mich für Jotun zu begeistern. Thunder Lotus Games bringt mit Jotun: Valhalla Edition das Indie Spiel, welches 2015 bereits für den PC erschienen ist, endlich auch auf die Next-Gen-Konsolen inklusive bockschwerem Valhalla-Modus. Der folgende Test zeigt euch, was Jotun alles richtig macht und ist nebenbei noch eine kleine Lehrstunde in die nordische Mythologie.

Der schwere Weg nach Valhalla

Screens-Jotun-PS4-1In Jotun spielen wir die Kriegerin Thora. Zu Beginn erfahren wir, dass Thora nicht – wie es sich die meisten nordischen Krieger erhoffen – im Kampf gefallen, sondern durch einen Schiffbruch auf offener See ertrunken ist. Dennoch gewährt ihr Odin höchstpersönlich eine zweite Chance, um nach Valhalla zu gelangen. Valhalla gilt als prachtvoller Ruheort für gefallene Krieger, die sich Odin gegenüber als würdig erwiesen haben. Thora muss sich diese Gunst jedoch erst verdienen, indem sie sich den fünf Riesen – Jera, Fé, Isa, Hagalaz und Kaunan –, auch Jotun genannt, stellt und diese besiegt.

Wir machen uns also auf ins Abenteuer. Mit unserer Axt bewaffnet, ziehen wir also durch die erste der insgesamt fünf Themenwelten: Natur. Wir müssen Pflanzen ausweichen, die giftiges Gas in regelmäßigen Zeitabständen ausstoßen und riesige Wurzeln mit unserem aufladbaren, starken Angriff spalten, um uns tiefer in den Wald begeben zu können. Beim Durchstreifen des Waldes finden wir zum einen sogenannte Iduns Äpfel – Idun ist die Göttin der Jugend und Unsterblichkeit -, die unsere Lebenspunkte erweitert. Diese Äpfel finden wir in jeder der fünf Welten und helfen uns den Riesen länger gegenüber zu stehen. Zum anderen finden wir im Wald auch eine große Statur. Wenn wir mit ihr kommunizieren, erfahren wir, dass es sich um Frigg – Odins Frau und Hüterin der Ehe und Mutterschaft – handelt, die uns mit einer Heilungsfähigkeit segnet. Auch solche Schreine finden wir überall in den verschiedenen Welten verteilt. Thor übergibt uns die Kraft seines Hammers Mjölnir, wodurch unsere schwere Attacke einen höheren Schaden verursacht. Loki schenkt uns seine Kraft der Tarnung, die es uns erlaubt, einen Klon Screens-Jotun-PS4-11zu erschaffen, welcher die Aggro des Gegners an sich zieht und nach kurzer Zeit explodiert. Heimdalls Schild bietet uns für eine kurze Zeit Unverwundbarkeit. Odins Speer Gungnir verleiht uns eine Distanzattacke und Freya segnet uns mit ihrem Falkengewand, welches uns für eine kurze Zeit Schnelligkeit gewährt. Außerdem finden wir in jedem Level kleine Checkpoints in Form von Mimirs Quelle. Er hütet eine der Quellen des Weltenbaums Yggdrasil und steht für Wissen und Weisheit. Wenn wir diesen auslösen, füllt sich unsere Lebensanzeige wieder und auch unsere bis dahin verbrauchten Aufladungen der Gotteskräfte füllen sich auf unser Maximum wieder auf.

Kein Kampf gleicht dem anderen

Screens-Jotun-PS4-9Am Ende des Levels treffen wir auf unseren ersten kleinen Boss, der auch noch einfach zu besiegen ist. Er überreicht uns mehr oder weniger freiwillig eine Rune. In jedem Level gilt es zuerst Runen zu sammeln, um danach den Bosskampf freizuschalten. Diese Runen erlangt man in den Leveln aber ungewöhnlich schnell und einfach, weswegen der Fokus von Jotun deutlich auf den Bosskämpfen liegt. Denn daraufhin gelangen wir direkt zum ersten Jotun, den es zu besiegen gilt, um die Gunst der Götter zu erlangen. Jera, der Natur Jotun, versucht uns mit ihrem Wurzelarmen zu erschlagen. Sie kann außerdem kleine Wurzeln neben uns heraufbeschwören, die uns ebenfalls angreifen. Auch sie besitzt eine Pflanze, die giftiges Gas ausschüttet. Wenn man all dem geschickt ausweicht, haben wir unseren ersten Riesen erledigt. Wir erlangen die Rune Jera – übersetzt wird dies mit Jahr und entspricht unserem J – und gelangen in die Ginnungagap. Sie wird auch “Die Leere” genannt und dient uns als Übersicht über die verschiedenen Welten: Natur, Sturm, Winter, Feuer und Höhle.

In all diesen Welten gibt es Jotun, die, anders als Jera, schon um einiges anspruchsvoller sind und gut studiert werden müssen, um sie zu besiegen. Die Reihenfolge, in der wir die Welten entdecken und die Jotun besiegen, bleibt uns überlassen.Screens-Jotun-PS4-8 Die Kämpfe sind immer abwechslungsreich. Auch wenn man nach einiger Eingewöhnungszeit das wiederkehrende Verhaltensmuster der Jotun erkennt, muss man die Angriffs- und Ausweichmomente sehr gut abpassen, sonst wird man schnell mal mit nur zwei Schlägen erledigt. Und da sich jeder Jotun anders verhält, muss man sich jedes Mal eine neue Strategie überlegen. Die Gotteskräfte verhelfen einem dabei die Jotun ein wenig schneller zu besiegen und vor allem Freyas Heilung hat in manchem Momenten über Sieg oder Niederlage entschieden. Dennoch lassen sich alle Bosskämpfe auch nur mit Thoras Axt bezwingen. Hierbei muss man gut zwischen den normalen, schnellen und ihrer starken Attacke, die sich bei gedrückter Taste aufladen lässt, wechseln.

Viel Liebe zum Detail

Unser Weg nach Valhalla wird niemals eintönig. Das vielfältige Leveldesign stellt uns in jeder Welt vor neue Herausforderungen. Kleine Rätsel, wie beispielsweise das Nachbilden von Sternzeichen durch Aktivierung von kleinen Kristallen, werden nicht erklärt, müssen es aber auch nicht. Sie sind mal mehr oder weniger anspruchsvoll, sind aber trotzdem stets fordernd und liebevoll gestaltet. Auch die Bosskämpfe sind nicht immer so einfach, wie man es sich erhofft. Zwar erreichen sie nicht die Schwierigkeit eines Dark Souls, aber ohne mindestens dreimal zu sterben, lässt sich so ein Jotun auch nicht vernichten. Die Jotun haben meistens verschiedene Phasen, die man gut beobachten muss, um dann gekonnt zu reagieren. Einfaches Buttonmashen hilft also nicht weiter.

Grafik und Gestaltung hat einen besonderen Stellenwert in Jotun. Die Animationen der Gegner und von Thora sind handgezeichnet. Der Comicstil – ähnlich wie wir ihn beispielsweise schon aus The Banner Saga kennen – lockert das ernste Thema rund um den Tod in der nordischen Mythologie auf. Die Gestaltung der Jotun ist dabei besonders gelungen. Sie wirken wuchtig, furchteinflößend und mythisch. Thunder Lotus Games hat sich hier besonders viel Mühe gegeben in ihrem detailverliebten Stil, die Figuren der Mythologie, entgegen der Screens-Jotun-PS4-3bisherigen Darstellungen, die man bereits kennt, neu zu erfinden. Freunde der nordischen Mythologie werden sich darüber freuen, dass sich Jotun nicht zu 100% an den gängigen Darstellungen der Schauplätze und Figuren hält, aber der Essenz der Mythologie trotz alledem treu bleibt.

Um das nordische Feeling komplett zu machen, werden Anmerkungen über das Spielgeschehen von Thora und Odin im Off auf Isländisch vorgetragen. Uns verraten dann die Untertitel mit welchen Kreaturen wir es zu tun haben oder wo wir uns gerade genau befinden. Auch der Soundtrack untermalt das Raue und Heroische der Nordmänner und unserer Kriegerin Thora. Man taucht voll und ganz in die Spielwelt ein.

Valhalla Edition

In der neu veröffentlichten Konsolen-Version gibt es einen neuen, spielbaren Modus: Valhalla-Modus. Nachdem ihr das Spiel einmal komplett absolviert habt, schaltet sich dieser Modus frei. Hier können alle Bosskämpfe erneut auf erhöhter Schwierigkeitsstufe durchlebt werden. Und diese Kämpfe sind wirklich bockschwer. Hier kommt auch das berühmt berüchtigte Dark Souls-Feeling auf. Jeder noch so kleine Fehler wird bestraft, aber es ist dadurch umso befriedigender, wenn man einen Jotun zu Fall bringen kann. Dieser Modus ist also für all diejenigen ausgelegt, für die der normale Schwierigkeitsgrad trotzdem zu einfach und nicht fordernd war.

Fazit

Jotun: Valhalla Edition hat viel Herzblut in die Verwirklichung der nordischen Mythologie gesteckt und das spürt man an jeder Ecke. Die Liebe zum Detail lässt das Herz eines großen Fan der nordischen Mythologie – so wie mich – höher schlagen. Und dennoch habe ich durch Jotun noch einiges lernen können. Hier wird Mythologie verständlich,zugänglich und vor allem spielerisch erklärt. Man taucht gerne in die Welt der Götter und Krieger ein. Die Vielfalt des Charakter- und Kampfdesigns bringen Jotun eine große Langzeitmotivation und auch durch den Valhalla-Modus wird es nicht nur einmal durchgespielt. Die einzelnen Level waren an manchen Stellen im Hinblick auf den Umfang ein wenig Mau, weswegen man diese – selbst mit der Erforschung nach allen Äpfeln und Schreinen – leider sehr schnell absolviert hat. Für die kurze Zeit, auch wenn es sicherlich trotzdem einige Stunden waren, war man gefesselt und wollte die Welt nicht mehr verlassen. Ein Fest für alle, die eine gute, anspruchsvolle Kampfherausforderung schätzen und ein Fable für liebevoll gezeichnete und gestaltete Welten haben.

Jotun: Valhalla Edition
Grafik/Präsentation
90
Story/Atmosphäre
95
Gameplay
85
Spielspaß
90
Leserwertung0 Bewertungen
0
90