Hey! Pikmin im Test – Gut abgestürzt

Captain Olimar hat es nicht leicht. Der Spacespeditionspilot hätte eigentlich morgen Urlaub, kollidiert auf seiner Heimroute aber mir nichts, dir nichts mit einem Asteroidenschwarm und stürzt auf einem fremden Planeten ab – wieder mal. Praktisch, dass der Bordcomputer unseres Raumschiffs fast sofort Glitzerium-Vorräte registriert, die wir dringend brauchen, um unser Schiff wieder betanken zu können. Noch besser, dass sich beinahe ebenso schnell Helfer in Form der Pikmin finden. Soweit, so vertraut, doch macht Hey! Pikmin auf spielerischer Seite vieles grundlegend anders als seine großen Brüder. Da stellt sich natürlich die Frage, was der neueste Ableger taugt.

Pikmin, Puzzles und Plattformen

Tatsächlich verzichtet Hey! Pikmin nicht auf drei Grundeigenschaften der Serie: Wir dürfen Pikmin mit Olimars Pfeife zu uns rufen, wir können sie werfen, um Dinge einzusammeln und natürlich kann man mit den kleinen Knollenviechern auch Gegner attackieren. Davon abgesehen kann Olimar auch sein Jetpack nutzen. Die Pikmin warten dann an Ort und Stelle, bis wir sie wieder einsammeln. Das kann beispielsweise nötig sein, um rote und gelbe Pikmin erstmal von Wasser fernzuhalten. Auch Dinge wie die obligatorischen Bruchstücke lassen sich finden. Und natürlich gibt es wieder unterschiedliche Pikmin-Arten, dieses Mal fünf. Steinpikmin können Kristalle zerdeppern, Wasserpikmin können schwimmen, rote sind feuerfest, gelbe Pikmin lassen sich nicht nur am weitesten werfen, sondern sind auch immun gegen Elekrizität und die lila Kollegen können fliegen. Natürlich ist ein Nebenziel auch, möglichst viele Pikmin durch die Level zu bekommen.

Genau die sind aber so ganz anders als bisher. Hey! Pikmin ist kein Strategietitel mehr, sondern ein 2D-Puzzleplattformer. Natürlich wollen immer noch Ressourcen gesammelt werden. Von der Armbanduhr bis zum Gameboy Zelda enthalten nämlich allerhand Gegenstände Glitzerium. Dabei ist nun einerseits der Weg das Ziel, denn die immer verzweigteren Level mit immer öfters versteckten Wegen wollen von uns erkundet werden. Andererseits braucht es oft möglichst viele Pikmin, um einen Gegenstand zu bekommen. Falls wir den nicht direkt mit Olimar erreichen, tragen sie ihn nämlich zu uns. Generell muss hier weniger gemanaged werden als bei den großen Geschwistern, aber im Spielverlauf wollen auch bei Hey! Pikmin mal mehrere Arten gehandhabt werden. So müssen beispielsweise rote und gelbe Pikmin auf einer Pusteblume geparkt werden, um erstmal mit blauen Pikmin Brückenteile im Wasser einzusammeln. Andernfalls würden die roten und gelben ertrinken.

Dass Olimar selbst auch nur begrenzt viele Feindkontakte aushält, sollte dagegen in den ersten Welten gar keine Rolle spielen. Einerseits bekommen wir ohnehin genug Herzen, um seine Lebensenergie aufzufrischen, andererseits ist die Bedrohung für unseren Helden die meiste Zeit gering. Entsprechend selten sollte es vorkommen, dass man ein Level wirklich von vorne starten muss. Davon abgesehen schaltet man in jedem Gebiet eine Verzweigung frei, die immer den Zugang zu einem optionalen Level bietet. Dadurch können kleine Geheimlevel erspielt werden, in denen man Pikmin-Knöpfe oder Gegenstände holen kann. Zusätzlich bietet jedes Gebiet einen Glitzerium-Brunnen, bei dem man mit Hilfe einer Geschicklichkeitseinlage Glitzerium sammeln kann. Und natürlich beinhaltet jedes Gebiet ein Bosskampf, samt individueller Schwachstelle des Gegners.

Pikmin Touch & Go

Eine Besonderheit von Hey! Pikmin ist die Steuerung. Unsere kleinen Helfer Jetpack und Pfeife werden alle über den Touchscreen genutzt, nur Olimar wird mit dem Schiebepad gesteuert, optional aber auch per Steuerkreuz oder mit den ABXY-Tasten. Das geht auch ohne Stylus gut von der Hand, ist aber mit ein Grund, warum sich Hey! Pikmin ein bisschen wie der Port eines Mobile Games anfühlt. Dabei wirkt das Spiel keineswegs billig, denn die Musik passt gewohnt gut zu den wuseligen Fruchtzwergen und die Serienoptik funktioniert in 2D ganz hervorragend. Stellenweise erinnert die Hintergrundgrafik dezent an Unravel, was aber auch schlicht darin begründet sein mag, dass Pikmin seit jeher eine ähnliche Perspektive wie auch Maßstab verwendet. Zwischendurch sorgen die Pikmin auch immer wieder für kleine Slapstick-Einlagen. Obendrein bringt der Pikmin Park als neue Heimstätte für die Pikmin, neben freizulegendem Glitzerium, weiteres Wimmelbildfeeling ins Spiel. Ein Highlight stellt allerdings Olimars Album für Gegenstände und Gegner dar. Gerade die Gegenstandsbeschreibungen sind oft ziemlich komisch und bisweilen auch recht hintersinnig. Da wird ein Taschenrechner zum Mathematikergrabstein oder eine Mutter zum eisernen Donut. Und während Olimar über ziemlich menschliche Hinterlassenschaften nachsinnt, dabei zu manchmal auch absurden Schlussfolgerungen kommt, verbindet er das durchaus mit seinem eigenen Leben auf Hocotate. Zwar mögen das nur Nebensätze sein, aber gerade Bemerkungen um Beruf, Ehe und Kinder werden wohl eher erwachsene Spieler verstehen.

Ey, Pikmin

Dieses Mal eine kleine Schattenseite stellt die Amiiboeinbindung dar. Das liegt bei Hey! Pikmin allerdings eher daran, dass man wirklich das Gefühl einer Paywall bekommen kann. Weniger wild ist hierbei, dass jeder Amiibo zehn Glitzerium pro Tag abwerfen kann, außerdem stört unter anderem, dass bestimmte (zugegeben kurze) Geheimlevel anscheinend nur per Amiibo freigeschaltet werden können. Nebenbei werfen Pikmin Amiibo, nicht aber Olimar, zusätzliche Pikmin für den Park ab. Auch wenn die Geheimlevel generell immer nur ein einzelner Screen sind, bleibt einem ohne passende Amiibo ein kleiner Teil des Spiels verwehrt.

Jay, Pikmin

Auch wenn der Amiibo-Support dieses Mal durchaus streitbar ist, macht Hey! Pikmin als Puzzleplattformer reichlich Spaß und funktioniert wirklich gut. Interessanterweise würde es auf reinen Touchscreen-Geräten, also Smartphone und Tablet, wahrscheinlich keinen Deut schlechter funktionieren. Auch Olimar per Berührung zu steuern, wäre mit Multitouch eine Kleinigkeit. Die Suche nach den Alternativleveln und Komplettierung können obendrein nach dem Durchspielen noch eine gewisse Zeit beschäftigen. Allerdings nutzt Hey! Pikmin sein Potenzial auch nicht voll aus. Die knappen Rätseleinlagen lassen sich meist wirklich im Vorbeigehen lösen. Dabei stellt sich die überraschend schwierige Frage, ob dies nun nun negativ oder doch positiv ist? Man könnte hier natürlich die potenziell junge Zielgruppe vorschieben. Allerdings will auch nicht jeder erwachsene Spieler immer gefordert werden. Und so ganz nebenbei eignet sich Hey! Pikmin, so wie es ist, wirklich gut, um einfach mal ein Level zwischendurch spielen zu können.

Fazit

Vorweg nochmal: Wer immer gefordert werden will, ist bei Hey! Pikmin falsch. Das dicke Aber kommt direkt hinterher: So wie es ist, kann das Spiel immer wieder für ne Runde zwischendurch herhalten und das sogar ziemlich gut. Wer damit leben kann, recht einfach durchzukommen, kann hier einiges an Spaß haben und Kinder sind von dem Konzept eh recht leicht zu begeistern. Ganz nebenbei zeigt Hey! Pikmin vielleicht auch, wie Mobile Games von Nintendo auch aussehen könnten, ob nun beabsichtigt oder nicht.

Hey! Pikmin
Grafik/Präsentation
85
Story/Atmosphäre
74
Gameplay
73
Spielspaß
80
Leserwertung0 Bewertungen
0
78