Get Even im Test – Auf der Suche nach der Wahrheit

Mit Get Even haben Entwickler The Farm 51 aus Polen und der japanische Publisher Bandai Namco einen Psycho-Thriller auf die Konsole gezaubert, der unkonventionelle Wege geht und sich nicht so leicht in eine Schublade stecken lässt.

Was passiert hier eigentlich?

Als Spieler übernimmt man die Rolle des Cole Black, ein ehemaliger Soldat, der schließlich Auftragskiller geworden ist, um vom Alkohol und Drogen wegzukommen. Er wacht unvermittelt in einem verlassenen Gebäude auf, wo er nichts außer einem Handy mit mysteriöser Nachricht bei sich hat. „Rette das Mädchen.“ – Welches Mädchen und was ist hier überhaupt los? Nach kurzer und orientierungsloser Suche findet man dann tatsächlich ein Mädchen, welches mit einer Bombe an einen Stuhl gefesselt ist. Sobald man versucht mittels Nummernfeld die Bombe zu deaktivieren, geht diese auch schon in die Luft.

An diesem Punkt beginnt auch das eigentliche Spiel. Man findet sich in einer experimentellen Therapie-Sitzung wieder, wo mittels mysteriösem, SciFi-artigen Helm die Gedanken des Patienten gelesen und die Person wieder in bereits erlebte Situation versetzt werden können. Fast ein bisschen wie der Animus in Assassins Creed oder die Möglichkeit im Film Total Recall, sich man sich realitätsnahe Gedanken einpflanzen zu lassen, nur heißt hier das Medium mit welchem man in die Erinnerungen eindringen kann „Pandora“. So „bereist“ man verschiedene Erinnerungen, die etwas mit dem Mädchen und der Bombe zu tun haben. Vieles dreht sich dabei um eine verlassene Irrenanstalt, die Lithurst-Anstalt. Mehr möchte ich euch aber auch gar nicht über die Story verraten, da Get Even gerade davon lebt und ich euch eine Menge Spielspaß nehmen würde.

Shooter-Detektiv im SciFi-Horror

So irren wir zu Anfang etwas planlos durch unsere eigenen Erinnerungen, ohne zu wissen, was überhaupt zu tun ist. Immer wieder bekommen wir es aus dem Off oder auf Fernsehern per Video mit dem mysteriösen Red zu tun, der immer wieder Anweisungen gibt und auch unser Tun innerhalb der Erinnerungen kommentiert, und anscheinend der Leiter der Therapie und von „Pandora“ ist. Unser wichtigstes Hilfsmittel ist ein Smartphone mit sehr nützlichen Features, ohne die wir ziemlich aufgeschmissen wären. So haben wir neben einer Karte, die neben der eigenen Position auch die von Gegnern und deren Blickrichtung anzeigt, auch eine Thermokamera, um Wärmequellen wie erhitzte Kabel zu verfolgen, UV-Licht, um Blutflecken, Blutspuren oder versteckte Zeichen aufzuspüren und am wichtigsten, mit dem Smartphone können Hinweise aufgedeckt werden, um der Lösung des Rätsels ein Stück näher zu kommen. Damit wir nichts wichtiges verpassen, werden wir durch bis zu vier Grüne Punkte am Smartphone darauf aufmerksam gemacht, wenn sich ein Hinweis in der Nähe befindet. Je mehr, desto näher sind wir dran. Solltet ihr aber mal etwas nicht finden, dann könnt ihr von einer Art Kontrollraum, in dem sich pro Erinnerung eine Tafel mit den gefundenen Hinweisen befindet, jede Sequenz noch einmal durchleben und verpasste Hinweise suchen.

Insgesamt lässt sich Get Even nicht so recht in ein Genre drücken, es bedient sich querbeet. Viel Zeit verbringt man tatsächlich mit Detektiv-Arbeit, indem man Hinweise sammelt, um die Erinnerung rund um die Geschehnisse zusammensetzen zu können. Dabei handelt es sich meistens um Dokumente oder handschriftliche Notizen, wozu man sich glücklicherweise eine deutsche Übersetzung einblenden lassen kann, da das sonstige Spiel komplett auf Englisch gehalten ist. Bedauerlicherweise auch die Sprachausgabe, die mit feinsten britischen Akzent daherkommt und besonders Spielern das Verstehen der Story schwer macht, die vielleicht nicht ganz so gut Englisch verstehen. Denn einen Untertitel sucht man bei Dialogen vergebens.

Glücklicherweise muss man in den immer mal wieder vorkommenden Shooter-Passagen, kein Englisch können. Wer keinen Bock auf Ballern hat, der kann diese Bereiche übrigens auch in bester Stealth-Manier umgehen, indem er sich an den Gegnern vorbei schleicht. Wurdet ihr aber mal entdeckt, dann wird euch nichts anderes übrig bleiben, als zurück zu schießen. Verstecken und auf den Cooldown warten wird nicht viel bringen, die KI ist zwar nicht besonders klug, aber euch vergessen sie nicht so schnell. Auch Schockmomente gibt es gratis und es sind keine Englischkenntnisse von Nöten. Wie schön.

Aus diesen ganzen verschiedenen Facetten und dem Science-Fiction angehauchten Szenario ergibt sich ein interessanter Genre-Mix, der es zumindest mir schwer macht das Spiel in eine Schublade zu stecken. Wenn man dann endlich irgendwann glaubt das Spiel verstanden zu haben, kommt das Finale und das komplette Spiel wird auf den Kopf gestellt. Worüber man sich im klaren sein sollte ist, dass es kein Titel ist, welchen man nebenbei spielen kann. Das Gameplay und auch der reine Schwierigkeitsgrad verlangen einem zwar nicht so viel ab, es ist die verwirrende Story und der bereits beschriebene Genre-Mixe, der einen fordert. Bekommt man keinen Zugang zur Story und rennt nur so durch die Erinnerungen, sammelt ein paar Hinweise und schießt hier und da ein paar nicht so kluge KI Gegner ab, kann das Spiel sehr stupide und langweilig wirken.

Beeindruckendes Sound-Design

Grafisch reißt Get Even leider keine Bäume aus. Zwar sieht es nicht schlecht aus, aber insgesamt bleibt ein eher matschiger und altmodischer Eindruck zurück. Zwar lassen die Schauplätze keine allzu großen Kontraste oder beeindruckende Lichtspiele zu, allerdings hätte man schon ein wenig mehr herausholen können. Gleiches gilt auch für die Steuerung, die ab und an ein wenig hakelig ist. Besonders beim Rennen, bin ich das ein oder andere mal an Türrahmen oder anderen Hindernissen hängen geblieben. In den Shooter-Passagen hat sie allerdings sehr gut funktioniert, obwohl das nicht unbedingt das Kernfeature des Spiels ist und ich nicht dafür bekannt bin, gut zielen zu können.

Deutlich besser, um nicht zu sagen herausragend, ist das Sound-Design von Get Even. Allen voran der Soundtrack von Olivier Deriviere und den perfekt dazu passenden Umgebungsgeräuschen und Effekten. Spielt man das Spiel so wie ich mit einer Surround-Anlage und das noch im Dunkeln, dann wird das bedrückende und düstere Leveldesign nochmal verstärkt. Die Effekte sind auf den Punkt und selten habe ich ein Spiel erlebt, welche so gut und passend auf die Geschehnisse auf dem Fernseher reagiert. Zwar wirken teilweise Pop Songs, welche auch mal bei Feuergefechten auf Friedhöfen vorkommen können, auf den ersten Blick total fehl am Platz, durch die verwirrende Story aber irgendwie doch nicht. Das „What the fuck“, welches man nicht selten vom Protagonisten Black zu hören bekommt, schießt einem spätestens in solchen Momenten auch durch den eigenen Kopf.

Fazit

Get Even ist eigenwillig. Nicht nur durch den Genre Mix, sondern auch durch die Story selbst. Zu Anfang wird man genau wie der Protagonist etwas im dunkeln gelassen und wenn man denkt das Spiel verstanden zu haben, kommt das nochmal viel verwirrendere Finale. Man muss sich definitiv auf das Spiel einlassen und bedauerlicherweise mit britischen englisch klarkommen, um Get Even vollkommen genießen zu können. Eine deutsche Lokalisation gibt es leider nur in Form von übersetzten Texten, aber nicht der Sprachausgabe. Grafisch ist es leider nur Mittelmaß, was aber durch das hervorragende Sound-Design wieder wettgemacht wird.

Get Even
Grafik/Präsentation
80
Story/Atmosphäre
80
Gameplay
70
Spielspaß
77
Leserwertung0 Bewertungen
0
77