Dead Effect 2 im Test – Zombie-Alltag im All

Wenn ein Titel vor dem Release für Wirbel sorgt ist das eigentlich ein gutes Zeichen dafür, dass es sich um ein besonderes Spiel handelt. Dass das Ganze auch nach hinten losgehen kann, hat das tschechische Entwicklerstudio Badfly Interactive leidlich erfahren müssen, als sie kurz vor Release von Dead Effect 2 beim Versenden von Review-Keys an einschlägige Gaming-Webseiten in den E-Mails die Bemerkung fallen ließen, dass man bitte beachten sollte, dass eine schlechte Wertung seitens der Tester zur Folge haben würde, dass diese zukünftig keine weiteren Review-Keys erhalten werden. Der Shitstorm war vorprogrammiert und die Sache ist seitens Badfly auch längst schon wieder revidiert worden, dass sie „ihre Lektion gelernt“ haben und in Zukunft an alle Spiele-Kritiker ungeachtet ihrer Kritiken Keys versenden werden. Natürlich bleibt dadurch ein etwas bitterer Nachgeschmack erhalten, aber soll und wird das keinerlei Einfluss auf das folgende Review von Dead Effect 2 haben – wie es eigentlich sein sollte.

Die drei großen „Ds“

Wir sind im All. Auf einem Raumschiff namens Spaceship ESS Meridian. Wir erwachen als Soldat der Kryostasis, dem Kälteschlaf und … sehen uns lauter Zombies gegenüber, derer wir uns erwehren müssen. Wer hier schon „Langweilig!“ rufen möchte, sollte dennoch nicht gleich abschalten, sondern dem zweiten Teil des Indie-Titels eines kleinen Entwicklerstudios eine Chance geben. Story-technisch, dass sei gleich vorweggenommen, erntet der zweite Ableger der Dead Effect-Reihe nicht gerade Begeisterungsstürme. Beinahe schon klischeehaft arbeitet das Game mit alten Mustern aus Science-Fiction-Filmen und anderen Weltraum-Ballerspielen. Bereits der Start-Bildschirm erinnert mit seiner an Interstellar-angehauchten Orgelmusik arg an Hans Zimmers Filmmusik im gleichnamigen Christopher Nolan Film, wenn daraufhin bei Spielstart die Erzählerstimme von einer interstellaren Raumfahrt in ein neues Sternensystem spricht, fühlt man sich beinahe veräppelt. Es sind die großen „Ds“ die mir sogleich in den Sinn kamen, als ich mit meinem gentechnisch-veränderten Supersoldaten von meiner Missionsfrau Danette daraufhin angesprochen werde, dass ich ziemlich tief im Zombie-Schlamassel stecke und …erstmal einen Generator aktivieren muss. Das erste „D“: Dead Space von EA, welches bereits 2008 realisiert wurde und damals frischen Wind in die eingeschlafene Survival Horror Nische brachte und mit Science Fiction kombinierte. Weiterhin hatte ich natürlich sofort die Doom-Reihe auf dem Schirm, ein schießwütiger Spacemarine, der sich durch Zombiehorden ballert, das gab es bereits 1993. Zu guter Letzt erinnert, das an ein Rollenspiel angelehntes Skillystem, die drei auswählbaren Charaktere, die Waffen- und Rüstungs-Upgrades sowie die Implantate, zu sehr und stark an Deus Ex.

Durchgekaute Story-Kulisse

Dead Effect 2 tritt somit in große Fußstapfen und man ist beinahe versucht, dem kleinen Entwickler-Team Respekt zu zollen, wie viel sie sich vorgenommen haben. Es sei allerdings nicht unerwähnt, dass wir hier keineswegs ein vollends neues Game vor uns haben, Dead Effect 2 ist zuerst 2015 auf Mobilgeräten gestartet und steht bereits seit letztem Jahr für PC-Spieler auf Steam zum Download bereit. Xbox One und PS4-User kommen also erst jetzt auf ihre Kosten. Die Story entwickelt sich nach dem bereits geschilderten Standardanfang nicht sonderlich tiefgreifender als man es erwarten mag. Im ersten Teil der Reihe hat die Protagonistin namens Grey einen gewissen Professor Wagner getötet, der auf der ESS Meridian einen Virus angefertigt hat und Teil des sogenannten „Dead Effect“-Projekts war, was wiederum alle an Bord umgebracht und in Zombies verwandelt hat. Weiterhin hat die Heldin es geschafft zu verhindern, dass die ESS Meridian auf die Erde knallt und der Virus somit verbreitet wird. Der zweite Teil nimmt lose auf den Vorgänger Bezug, man erwacht als einer der drei möglichen gentechnisch veränderten Supersoldaten. Einmal der Waffennarr, Gunnar Davis, der mit seinen laxen Sprüchen eher schlecht als recht an Duke Nukem erinnert. Dann wäre da noch Jane Frey, eine Cyper-Amazone mit der Vorliebe für schwere Kaliber und Kay Rayner, einen futuristischen Samurai, der insbesondere dadurch punkten kann, da man schlicht mit Katana Zombieköpfen zu Leibe rücken darf. Man sieht sich spielmäßig denselben Problemen wie in Teil Eins entgegen, Zombies allerorten, nur dass zusätzlich noch Soldaten auftauchen, die von der Erde geschickt wurden alles Lebendige, inklusive den Spieler, auf dem Schiff zu vernichten. Der Spieler wechselt vor und nach den Missionen dauernd zu einem Hub, welche aus drei Begleitern besteht, namentlich die Missionsgeberin Danette, der Mechaniker Minikin und Doktor Bielik. Im eigentlichen Sinne stehen die NPCs jedoch als Questgeber sowie Experten für Levelaufstieg/Skills (Danette), Händler (Minikin) und Implantate (Dr. Bielik). Somit startet der Held auf der ESS Meridian mit allerhand Problemen, neben Zombies und schießwütigen Soldaten kommt noch hinzu, dass man von dem Virus infiziert ist, was bedeutet, dass der Tod sich nach und nach an einen heranschleicht. Das alles wirkt durchgekaut und eher als Rahmen für die Baller-Aktion, als dass wirklich eine Geschichte erzählt wird.

Ambiente: steril und solide

Leider gestaltet sich der eigentliche Hauptteil des Spiels, die Weltraum-Zombie-Ballerei, auch sehr schnell als steril. Als Argument mag man einwenden, schließlich befinden wir uns auf einem Raumschiff, doch für mich wirkt Dead Effect 2 grafisch, was bei all dem Zombie-Gesplatter ironisch erscheint, zu sauber und glatt. Wenig bis kein Rost klebt an den Wänden, alles wirkt aufgeräumt und sauber, als ob die ESS Meridian gerade einen Frühjahresputz hinter sich hat. Ich bin ein großer Fan der Unity-Engine, mit der die Entwickler gearbeitet haben, doch hätte man hier vielleicht etwas gewagter vorgehen müssen. Zudem erscheint mir die Größe der Levels oftmals als zu klein, eine Mission kann mitunter nur bis zu 10 Minuten dauern. Ein gänzlich begehbares Raumschiff, dass durch Level-Abschnitte eingeteilt worden ist, wäre hier angenehmer gewesen. Das Ganze wirkt umso tragischer, da von der künstlerischen Handhabe und der Figurenzeichnung doch viel Potential eingesetzt wurde. Jede Waffe wirkt anders im Artwork, auch der Sound ist unterschiedlich gesetzt, doch abseits davon, dass man das alles irgendwo und irgendwie schon einmal gesehen hat, kann Dead Effect 2 wenig Akzente setzen. Die Soundumgebung ist solide gewählt, zwar erfährt man bei weitem nicht eine erdrückende Stimmung durch unbestimmbare Geräusche oder ein Knurren von Monstern wie bei beispielsweise bei Resident Evil oder Amnesia, dies entspricht allerdings auch nicht dem Grundgedanken von Dead Effect 2, ein Splatter-Spiel sein zu wollen. Die Soundtrack-Wahl, die beim Intro und in der Basis mit ihrer melodramatischen Weise eine Stimmung des Verlorenseins im All wiederspiegelt, wird mit actiongeladenen Samples in den Missionen ergänzt, die je nach Situation passend eingesetzt wird. Das ist durchaus gelungen und wirkt niemals aufdringlich, der klaustrophobischen Atmosphäre des Raumschiffes entsprechend. Die Sprachausgabe tut ihr Werk, die englischen Sprecher verrichten ihr Tagwerk , wirken aber teilweise auch zu sehr ablesend.

Old School Shooter mit RPG-Elementen

Dead Effect 2 ist ein Shooter wie er im Buche steht. Mehr als das will es nicht sein und dies erfüllt das Game vollends. Zombieherden werden auf den Spieler geschmissen, derer er sich mit Waffengewalt, Fähigkeiten sowie verbesserter Ausrüstung und Implantaten zu Wehr setzen muss. Zur Wahl stehen drei Wummen: Gewehr, Pistole und ein Nahkamf-Tazer sowie Granaten, mit denen man ordentlich Radau machen kann. Die Gegner-Auswahl und Vielfalt hält sich arg in Grenzen, es gibt einige Zombieabstufungen, die jedoch kaum taktische Finesse erwarten lassen, auch die Soldaten gestalten sich nicht sehr einfallsreich. Abwechslung bilden die immer wieder auftauchenden Boss-Kämpfe, neben grafisch neuen Input erfordern sie mehr oder weniger ideenreiche Taktiken, um sie zu besiegen. Der Aspekt, der für mich in Dead Effect 2 jedoch glänzt, ist der integrierte Rollenspiel-Anteil.

Da ist Badfly Interactive wirklich eine schöne Implementierung gelungen. Nach guter alter RPG-Art haben wir besagte Basis, in der die NPCs als Händler, Questgeber und Verzauberer (Dr. Bielik, der einen mit Implataten versorgt) auftauchen. Danette, Minikin und Dr. Bielik haben ein Dialogfenster, in dem man neben den spielrelevanten Optionen auch im „Talk“-Modus mehr über die Figuren erfahren kann. Highlight des Spiels bildet jedoch das Skillsystem, in dem wir unseren Charakter je nach unserer Spielweise anpassen können. Der Skill-Tree offenbart vier Bereiche: Klassen-, Spezial-, Allgemein- und Waffenfähigkeiten. Der Experimentierfreude ist somit einiges gegeben, dank der Funktion zum Rückgängig-Machen wird man bei falscher Skillung auch nicht bestraft. Die Fähigkeiten sind breit gefächert, von Lichtblitzen, über Zeitlupenfunktion, Blutsaugen, Heilen, Telekinese oder der Gegnerübernahme ist alles dabei. Anderseits ist es auch möglich Standardfähigkeiten wie Schnelligkeit, Zielgenauigkeit, Ausdauer und schnellerer Waffenwechsel zu verbessern. Das bedeutet einiges an Spielspaß, da man stets versucht ist, mit neuen Fähigkeiten zurück in die Zombie-Meute zurückzukehren und etwas anderes auszuprobieren. Weiteres Plus bildet der Ausbau der Waffen oder der Implantate, die wie bei einem RPG gewisse Level haben und farblich nach ihrem Wert gekennzeichnet sind; von „gewöhnlich“, „legendär“, bis „mythisch“ und mehr. Nicht nur dies erinnert stark an Diablo, ebenso die Slots, mit denen man verbesserte Werte einbauen kann.

Ebenso an das Rollenspiel erinnert der eigene Aufstieg, der durch das Erreichen einer gewissen EXP-Anzahl vonstatten geht. Ein höheres Level ist auch nötig, um weiter im Spiel voran zu kommen, weswegen hier das Aufleveln in den Nebenmissionen zum Tragen kommt. Dead Effect 2 besitzt somit einen gewissen Charme, vor allem, wenn man einfach Dampf ablassen will und irgendeine Mission anklickt, um dort Gegner zu schnetzeln, Gegenstände zu looten, alles Mögliche einzusammeln, danach zurück zur Basis zu kehren, neu auszurüsten und alles Unnötige zu verkaufen. Besonders im weiteren Spielverlauf ist es das RPG-System, welches das Spiel spannend hält, auch mitunter durch die Dialoge, in denen man mehr über die Nebenfiguren erfährt. Das Missionsdesign sowie die Level selbst gehen im Vergleich dazu schnell unter, neben der Standard-Ballerei durch neue Waffen sind es einige eher nervige Geschicklichkeitsrätsel bei Türen und Kisten, die Abwechslung suggerieren sollen. Kann man über all das hinwegsehen, der eher schwachen Story, den klischeehaften Charakteren sowie dem simplen Spielprinzip, hat man einen waschechten Shooter vor sich, der als besonderes Schmankerl ein RPG-System besitzt. Jeder, der etwas zum abendlichen Abschalten und Losballern ohne Anspruch sucht, wird glänzend bedient. Ein großes Manko bildet das Game dann doch: Es gibt keinen Multiplayer. Das Ärgernis wird sogar noch größer, weil es den Mehrspieler-Modus sehr wohl auf den PC gibt. Hier war man wohl zu faul, eine bessere Konvertierung zu unternehmen. Denn gerade die Nebenmissionen, in welchen die Spieler Zombiehorden in verschiedenen Modi begegnen können (gegen die Zeit, in Wellen oder als Plage, während man versucht, Generatoren zu betätigen), wäre ein Koop-Modus eine tolle Sache gewesen.

Fazit

Beinahe ist man versucht, bei Dead Effect 2 ein oder gar zwei Augen zuzudrücken. Als Indie-Game von kleinen Entwicklern ist das Zombie-Ballerspiel herausragend, wenn man in der Indie-Kategorie bleibt und die Konkurrenz in Betracht zieht. Wenn man den Shooter jedoch nüchtern betrachtet, bleibt nur mittelmäßiges Geballer übrig. Die Entwickler von BadFly Interactive tun vieles richtig, aber leider auch vieles falsch. Das liegt daran, Dass Dead Effect 2 vielleicht zu viel zugleich sein will, Survival Horror, Sci-Fi-Game, Shooter und RPG. Da hätte man vielleicht besser den Fokus auf wenige wichtige Elemente setzen sollen, wie beispielsweise Story, besseres Leveldesign, abwechslungsreichere Grafik-Kulisse, ein Multiplayer und Charaktergestaltung. Gerade für die Konsolenkonvertierung wäre noch das ein oder andere Update drin gewesen, schließlich ist das ursprüngliche Spiel bereits 2015 erschienen. Aber dennoch hat Dead Effect 2 seine Momente. Wer schon immer mal nachfühlen wollte, wie es ist als Michonne aus The Walking Dead Zombies mit dem Katana zu Leibe zu rücken, der kann dies beispielsweise nun mit dem Cyber-Samurai Kay Rayner ausleben. Highlights bleiben letztlich die Elemente aus dem Rollenspiel, sei es das Skillsystem, das Aufleveln, das Sammeln von Gegenständen und das Verbessern der Fähigkeiten. Dies kann für Langzeitmotivation sorgen, insofern man dafür in Kauf nimmt, stumpf in monotonen Leveln auf Zombies ballern zu müssen, um aufzusteigen. Wer genau das sucht, liegt mit Dead Effect 2 richtig, für alle anderen wird das Game eher ein langweiliger und totengleicher Effekt sein.

 

Dead Effect 2
Grafik/Präsentation
65
Story/Atmosphäre
55
Gameplay
70
Spielspaß
65
Leserwertung0 Bewertungen
0
64