Battle Worlds Kronos – Rundenweise Krieg im Test

Langsam tasten sich meine Landtruppen unter dem seegestützten Feuerschutz der Barracuda Zerstörer an der Küste entlang in die feindliche Basis vor. Gerade als ich die Priest Artillerie feuerbereit mache um meine angeschlagenen Einheiten auch von der anderen Seite zu decken preschen die verbliebenen Feindtruppen vor. Der letzte Bandit Humvee vergeht in einem Feuerball, erkauft meinen Cerberus Panzern aber kostbare Zeit. Deren Kampf mit dem Gegner wiederum ermöglicht es meinen Infanterietruppen, das feindliche HQ unbehelligt zu erobern. Geschafft! Wir haben gesiegt.

Klingt nach Action. Ist es aber nicht!

Die beschriebene Szene stammt nämlich aus Battle Worlds Kronos und das ist kein Actionspiel. Auch kein schnelles Echtzeitstrategiespiel. Battle Worlds Kronos gehört vielmehr zu den klassischen Rundenstrategie Spielen und steht damit in der Folge von Klassikern wie Advance Wars oder Battle Isle. Den Vergleich gerade zu letzterem strengt Entwickler KING Art dabei ganz bewusst an und das, so viel sei vorweg genommen, völlig zurecht.

Zug um Zug

Battle-Worlds-Kronos (10)Rundenstrategie, Rundentaktik, S(trategy)RPG, generell sind Spiele die zugweiser Auseinandersetzung frönen auch auf Konsolen vertreten. In den meisten Fällen kommen entsprechende Titel aber eher aus Fernost denn aus Bremen. Entsprechend ist auch ein grundlegendes Element prompt anders als bei den meisten japanischen Rundentiteln. Wie in Battle Isle, History Line oder der General Reihe ist das Spielfeld nicht in Rechtecke sondern in Hexagone unterteilt. Gerade Advance Wars Spielern werden jedoch auch Dinge sehr vertraut vorkommen, etwa die automatische Gegenattacke, sofern Gegner in Reichweite sind. Gerade die einzelnen Reichweiten werden dabei sehr früh sehr wichtig. Der oben genannte Bandit etwa trifft auf zwei Hexfelder, nicht aber auf ein Hexfeld. Es kann also sehr sinnvoll sein, seine Bandits hinter Hunter Panzerwagen zu positionieren damit Gegner nicht auf eine Reichweite heranrücken, in der unser Bandit wehrlos ist. Die KI ist durchaus in der Lage, falsche Aufstellungen gnadenlos auszunutzen.

Infanterietruppen andererseits können nicht nur Wälder direkt durchqueren, sie sind auch die einzigen Einheiten, die Gebäude erobern können. Auf dem Schlachtfeld ist das gleich doppelt wichtig. Einerseits ist der Computergegner gern mal bereit Gebäude (zurück) zu erobern, andererseits sind Depots und Fabriken neben sehr spärlichen Verstärkungen die einzige Möglichkeit, an weitere Truppen zu kommen oder vorhandene Einheiten zu reparieren. Da Ressourcen sehr knapp sind und anders als etwa bei Command & Conquer nicht einfach neue Gebäude hochgezogen werden können fährt man meist auch besser damit, Einheiten Battle-Worlds-Kronos (9)rechtzeitig zu reparieren. Diese leveln nämlich auch hoch und können etwa bessere Panzerung, eine größere Reichweite oder ein weiteres Schussfeld erhalten.

Unsere Barracuda Zerstörer etwa sind normalerweise ziemlich empfindlich gegenüber Piranha Schnellbooten, denn die Cruise Missiles der ersteren haben ein weit entferntes aber sehr schmales Schussfeld während die flinken Piranhas nur auf ein Nachbarfeld schießen können, durch ihre Geschwindigkeit aber immer nah an den schwereren Schiffen bleiben können. Mit den passenden Upgrades allerdings kann das Schussfeld der Barracudas deutlich erweitert werden, anderen Schiffen fällt es damit wesentlich schwerer, bis auf Schussreichweite heranzurücken.

Damit nicht genug, manche Einheiten, etwa Hydra Raketenwerfer oder die Priest Artillerie verbrauchen mit jedem Schuss Munition und müssen zwischendurch wieder bestückt werden, einige Lufteinheiten wiederum benötigen immer wieder neuen Kraftstoff und müssen damit in Reichweite eines Flugplatzes oder eines clever positionierten Flugzeugträgers bleiben.

Battle-Worlds-Kronos (8)Das Prinzip dabei ist, wie bei vielen Strategiespielen, leicht Stein, Papier, Schere artig. Bestimmte Einheiten sind gegenüber anderen besonders empfindlich, die wiederum haben keine Chance gegen wieder andere. Grundsätzlich ist es sehr leicht zu verstehen, Battle Worlds führt einen nach und nach an all die verschiedenen Truppen mit ihren jeweiligen Besonderheiten heran. So gibt es die zweite Infanterieklasse mit den Snipern erst in Mission sechs und damit erst nach Schiffen und Flugzeugen.

Dennoch wird das Spielgeschehen ziemlich schnell sehr komplex. Wer ernsthafte Fehler begeht kann sehr schnell einen Spielstand laden und einige Züge wiederholen. Praktischerweise kann man nicht nur manuell speichern, Battle Worlds erledigt das auch alle paar Runden automatisch und legt dabei mehrere Autosaves an. Gerade langjährigen Battle Isle Spielern wird hier vieles vertraut vorkommen, auch dank der meist ziemlich cleveren KI spielt sich Battle Worlds aber ziemlich frisch. Ein gutes Grundkonzept bleibt auch nach der Kleinigkeit von 25 Jahren gut.

Die auf den ersten Blick nicht sonderlich umfangreichen zwei Kampagnen fressen dabei in der Praxis doch einiges an Zeit. Eine große Map mit mehreren Gegnerbasen kann je nach Vorgehensweise schon mal für acht, neun Stunden beschäftigen, auch wenn eiligere Strategen schneller ans Ziel kommen können. Obendrein enthalten die Konsolenfassungen den “Züge” DLC. Der Name ist hier Programm, bewaffnete Züge spielen hier eine wichtige Rolle. Und dürften auch wieder gerade Battle Isle Veteranen bekannt vorkommen. Unter Einzelspieler finden sich denn auch noch verschiedene Herausforderungen, so dass Battle Worlds Strategiefutter für viele Stunden bieten sollte. Leider hat KING Art sich bei den Konsolenfassungen dazu entschieden, komplett auf Multiplayer zu verzichten. Besonders schade, weil der geistige Vorgänger Battle Isle seinerzeit einer der Vorreiter bei LAN und Play per E-Mail war.

Space Soap Opera

Battle-Worlds-Kronos (6)Ein gutes Spiel profitiert auch von einer guten Handlung. Battle Worlds Kronos versucht zwar seine Handlung mit einigen Zwischensequenzen und viel Text in den Missionen in Szene zu setzen. Dummerweise wirkt die Handlung sehr schnell wie ein nichts so guter Eintopf aus einer Reihe SciFi Handlungen, Wing Commander Seifenoper (Nummer 1 wohlgemerkt) und anderem. Da hätten wir etwa den letzten großen Nachfolgekrieg, der Kronos verwüstete und dezent an Battletech erinnert, die Struktur der drei Story relevanten Fraktionen: Haus der Telit (Kampagneneinstieg) , Yerla Incorporated (beliefern alle mit Waffen und mischen selber mit) und Orden der Lumati (religiöser und gleichzeitig intriganter Verein) die wiederum Dune ins Gedächtnis ruft. Reporterinnen, die Krieg als Entertainment aufziehen und damit Starship Troopers und anderes anschneiden. Auch die vierte Fraktion der seinerzeit auf dem nuklear verseuchten Kronos zurück gelassenen Residents weckt Erinnerungen.

Auf der anderen Storyseite stehen in der ersten Kampagne unser Commander, der opponierende und zugleich klassische Karrieretyp Commander Parker, eine kesse Reporterin, der vorgesetzte General Cypher und der getreue Captain unserer Bodentruppen. Auch wenn Battle Worlds hier mit Multiple Choice Antworten Entscheidungsfreiheit vorgaukelt bleiben die Wortgeplänkel meist ausgesprochen flach und völlig vorhersehbar. Das wäre in den frühen Battle-Worlds-Kronos (5)Neunzigern zwar schon eher gesundes Mittelmaß gewesen. Heute wirkt das aber meist unfreiwillig komisch. Für die besten Momente sorgt dabei noch unser Captain. Allerdings nicht etwa mit Standardsprüchen über Krieg und Schlachten sondern vor allem dann, wenn er den typischen Aufbau der ganz klassischen Begleitschutzmission kommentiert und darauf hinweist, dass er sowas gar nicht leiden kann.

Unterm Strich unterhält Battle Worlds meist eher unfreiwillig. Man kann der Handlung auf einem eher trashigen Level zwar definitiv etwas abgewinnen, aber bei allem Neunziger Jahre Charme ist gut einfach etwas anderes.

Technik wie im Krieg

Von technischer Seite gibt sich Battle Worlds Kronos weitestgehend pragmatisch. Es ist kein hässliches Spiel. Sämtliche Einheiten sind auch ganz nett animiert. Allerdings gibt es definitiv technisch anspruchsvollere Spiele. Hier ist eher ATF Dingo als De Tomaso die Devise. Das macht in der Praxis meist nichts aus, im Gegenteil ist es in der Übersicht gerade in größeren Zoomstufen sogar hilfreich. Es gibt halt einfach auch hübschere Strategiespiele, die kosten aber auch sowohl in der Anschaffung deutlich mehr, als sie auch dickere Budgets aufweisen. Die Zwischensequenzen fallen da unterm Strich mehr ab, denn sie sind nicht nur mau animiert, sie ruckeln auch teils ziemlich heftig.

Battle-Worlds-Kronos (1)Auch die Soundeffekte sind nicht der große Knaller, untermalen das Bildgeschehen aber akustisch passend. Stärker ist da schon der Score, der einen professionellen Eindruck hinterlässt.

Knackpunkt ist auf der technischen Seite damit vor allem, dass das Spielgeschehen zwischendurch gerne mal für ein bis zwei Sekunden einfriert. Das ist bei einem Rundentitel zwar spielerisch völlig unproblematisch, kann aber auf Dauer nervig sein.

Ein bekannteres Problem vieler Strategiespiele auf Konsolen stellt immer wieder die Steuerung dar. Auch wenn Battle Worlds sämtliche Tasten nutzt, die meiste Zeit braucht man nur wenige. Es profitiert hier auch massiv vom Rundenansatz, im Zweifelsfall bleibt einfach genug Zeit für die Eingaben über. Manchmal hakt es ein wenig, ab und an könnte ruhig ein Tastendruck weniger nötig sein, dennoch hab ich die gute alte Maus nie so extrem vermisst wie bei einem Schlacht um Mittelerde 2 oder Command & Conquer Red Alert 3.

Alt aber gut

Könnte man sagen. Irgendwie spielen sich turn based Titel meist taktisch und strategisch anspruchsvoller. Und genau hier kann Battle Worlds Kronos einfach punkten. Es gibt nicht nur den einen Weg zum Sieg, Kartenaufräumer können ebenso punkten wie vorwitzigere Strategen. Die KI ist immerhin clever genug um variantenreich zu reagieren und nicht immer einfach Frontalangriffe zu starten. Als langjähriger Battletech Spieler hab ich auch Spaß daran, dass es nicht ganz so komplex daher kommt und eine gute Balance zwischen Zugänglichkeit und Anspruch hält. Sicher gibt es noch Raum für Optimierungen und spätestens für eine Fortsetzung, noch besser per Patch, sollte KING Art den Multiplayer auf Konsolen nachreichen. Auch Unterstützung für Kabel-gebundene Nager wäre als Option nett. Auf spielerischer Seite lässt Battle Worlds aber nichts anbrennen und ist sowohl für Fans von Rundenstrategie als auch für interessierte Neueinsteiger definitiv einen Blick wert.

Fazit

Außen pfui innen hui? Das wäre sich ein bisschen überspitzt, ist aber nicht so weit von der Wahrheit entfernt. Battle Worlds Kronos spielt sich einfach rund und sollte für jeden turn based Fan einen Blick wert sein. Technik und vor allem die Story kommen da leider nicht mit, verhageln den Spielspaß aber keineswegs. Enttäuschender ist letztlich der Verzicht auf den Multiplayer. Diesen Makel behebt KING Art hoffentlich spätestens mit einem Nachfolger.

 

Battle Worlds Kronos
Grafik/Präsentation
66
Story/Atmosphäre
85
Gameplay
62
Spielspaß
87
Leserwertung0 Bewertungen
0
75