D00Ms Retro-Stunde: Cartoon-Doppelpack

Einige Zeit war es nun eher ruhig um die Pixeltruppe aus Köln. Ziemlich unfreiwillig und aufgrund terminlicher Probleme hatte das letzte Treffen doch einige Tage zurück gelegen. Vor kurzem fanden die Pixeljunkies jedoch wieder zusammen und feierten die Spielkultur der Neunziger gleich doppelt. Denn direkt zwei Cartoon-Legenden von den damaligen Top-Schmieden Konami und Capcom begleiteten uns durch den nerdigen Abend und sorgten wieder einmal für reichlich Lacher unter uns Retro-Liebhabern. Geplant war dieses Doppelte Lottchen zuerst allerdings nicht. Unter mittlerweile ja erwachsenen Nerds, die allesamt längst die 30 Lenze geknackt haben einen Termin zu finden, ist fast so hart wie Castlevania auf dem NES durchzuspielen. Bei einem ruft die Arbeit, beim anderen die Frau, beim Nächsten quäkt das Kind (und auch die Frau) und jeder hat ja auch andere soziale Termine, die bedauerlicherweise nicht immer etwas mit Videospielen zu tun haben. Dann noch ein geeignetes Spiel zu finden worauf auch alle Bock haben erinnert wieder an das erste Abenteuer von Simon Belmont. Deshalb wurden die Titel dieses Mal nicht ausdiskutiert, sondern ganz diplomatisch ausgelost. Schnell haben alle einige Kandidaten auf entsprechende kleine Zettel gekritzelt und dem Schicksal unser Wohl in die Hand gedrückt. Naja eigentlich in die Pfote. Denn die Losfee hörte auf den Namen Poldi und ist einer meiner beiden obercoolen Kater. Den Anfang macht dann auch ein „Haustier“. Ein Hase um genau zu sein. Tiny Toon Adventures: Buster Busts Loose! (was ein Name) mimte den Startläufer und fand als erstes seinen Weg in den Modulschacht des Super Nintendo.

Die Qual der Wahl

screenshot-dooms-retro-stunde-03-jpgTiny Toon Adventures: Buster Busts Loose! basiert auf der beliebten Cartoon-Serie aus Übersee und griff damals die Hauptzielgruppe der Super Nintendo-Fans ab – Kinder und Jugendliche. Das Spiel selber ist für einen recht frühen Start-Titel der SNES-Ära angenehm schick anzusehen und liefert klassische Jump and Run Kost in Knuddel-Optik. Da das Diskutieren und auslosen der Spiele etwas gedauert und Ex-Redakteur Patrick Kölsch mitgebracht hatte, habe ich vom Start schon relativ wenig mitbekommen. Ich vermute einfach mal, wir haben auf Normal gespielt. Buster Bunny hat die Basics eines Plattform-Helden natürlich alle auf dem Kasten. Laufen und springen geht ganz gut von der Hand und zur Feindbekämpfung steht neben dem obligatorischen Sprung auf den Kopf noch ein Kick-Move zur Verfügung. So durchstreift ihr die vom Spiel offerierte volle Palette an Klischee-Levels. Cowboywelt, Weltraum und sogar ein Footballmatch gilt es zu absolvieren. Wer sich noch erinnert, der weiß aber, dass der amerikanische Paradesportlevel eher zum Glücksspiel verkommt. Als Spieler hat man die Wahl mit dem „Ei“ los zu spurten und den Gegnern auszuweichen oder die Pille einfach zu kicken und etwas weiter hinten im Feld zu fangen. Letzteres funktioniert deutlich besser, da man beim Laufen lediglich permanent auf gut Glück in den Bildschirm-Rand springt. Auf entsprechende Aktionen der gegnerischen Spieler kann man unmöglich mit wirklichen Reflexen reagieren. So geben wir uns dem Klugschiss von Patrick geschlagen und werfen lieber, statt zu rennen. Eine persönliche Note bringt der junge Hüpfer jedoch auch ins Spiel. Buster kann über eine kurze Zeit lang sprinten (dashen). Betätigt ihr den linken oder rechten Schulter-Button nimmt der Hase die Beine in die Pfoten und rennt los. Im Spiel selber wird dies mit einigen Sprungpassagen kombiniert und nervt eigentlich nur in der zweiten Welt so richtig. Hier müsst ihr eine selbstlaufende Passage über Bergabschnitte und einem Zug durchlaufen und dabei nirgendwo hängen bleiben, denn sonst ist Schicht im Schacht. Klingt leicht, war es aber nicht – zumindest nicht mit ordentlich Bier und Gin im Kopf. Generell finde ich die Ausführung des Sprints auf den Schultertasten etwas unglücklich gewählt. Der dicke Klempner machte es doch schon Jahre vorher perfekt vor. Rennen auf „Y“ und springen auf „B“ ist die Quintessenz des komfortablen Springens. So war ich nach ein paar Versuchen schon ziemlich bedient und fand das Glas mit dem zuckrigen Alkohol schnell interessanter als das graue Nintendo-Eingabegerät.

Mein Name ist Hase

screenshot-dooms-retro-stunde-011-jpgIch muss zugeben, dass ich dieses Mal am gesamten Abend öfter das Pad aus der Hand gegeben habe und die Jungs auch ohne meinen Über-Skill gut zurechtkamen – ähm ja, genau so war es. Redaktionskollege Sebastian hatte wohl heimlich geübt und tänzelte (nüchtern) durch die verschiedenen Welten bis schließlich die Credits des Konami-Teams von 1993 über den Bildschirm flimmerten. Wow, das ging ja schnell und dafür war man dann als Kind 130 DM los. Naja der Abend war noch jung und die restlichen Zettel lagen noch immer verstreut neben dem Super Nintendo rum. So war dann auch die zweite Auswahl des Abends schnell ausgelost. Eigentlich hätte sich Kater Poldi als Katze klassischerweise direkt für die Maus entscheiden sollen, aber so wurde Magical Quest eben nur der Nerd-Nachtisch. Und offenbarte einen kleinen Skandal – zumindest für betrunkene Menschen mit sehr kindischem Humor – also mich.

Gewinner Nummer Zwei

screenshot-dooms-retro-stunde-04-jpgDisneys Magical Quest Starring Mickey Mouse lautet der vollständige Name des zweiten „Kiddie“ Plattformers des Abends. Wieder einmal bin ich sehr überrascht, wie schlecht meine Erinnerungen sich über all die Jahre und Spiele gehalten haben. Die erste Welt in den Wolken war meinem Kopf noch ein Begriff. Ich kramte vage Bilder hervor und musste nach ca. 30 Sekunden feststellen, dass ich fast alles vergessen hatte – Bis auf die Wolken, was logisch erscheint in einem Wolken-Level. Beim Großteil des Gameplays versagt mein Langzeitgedächtnis wieder einmal phänomenal. Der Gute Mickey kann genretypisch laufen und springen, was in einem Jump and Run ja auch Sinn ergibt. Im Laufe seiner (auch kurzen) Reise, auf der Suche nach seinem treuen Freund Pluto lernt er jedoch auch eine Menge neuer Skills dazu. Diese kommen in Form von Verkleidungen daher und erweitern somit das Grund-Gameplay um weitere „spektakuläre“ Aktionen. Als erstes lernt die berühmteste Maus der Welt die Verwandlung in einen orientalischen Zauberer. Mit Turban, Schärpe und stets gehobenem Zeigefinger verschießt ihr so magische Geschosse, die sich sogar Mega Man-like aufladen lassen und dann deutlich höheren Schaden verursachen. Was uns zur wichtigen Frage bringt: Wieso gibt es in so wenigen modernen Spielen aufgeladene Schüsse? Kann man dafür nicht mal eine Petition starten? Oder auch gerne ein Kickstarter-Projekt. Nerds weltweit, vereinigt euch und kämpft für die Rückkehr des aufgeladenen Schuss. Ihr wollt das doch auch, oder nicht?

It’s a Kind of Magic

screenshot-dooms-retro-stunde-01-jpgWeiter geht die lustige Reise mit der Maus im Feuerlevel, wo dann auch schon die Feuerwehrausrüstung auf ihren Einsatz wartet – Klischee ole‘. Mit Helm und Feuerwehrschlauch „bewaffnet“ verspritzt ihr also Wasser um diverse Feuergegner und brennende Plattformen zu löschen um sie letztlich überqueren zu können. Nicht ganz so cool wie ein Probotector, aber immerhin, der gute Wille zählt. In der Eiswelt lassen sich zudem Gegner mit dem Wasser einfrieren – Comic-Logik halt. Probotector-Feeling kommt zwar noch immer nicht auf, aber spielerisch lassen sich so zumindest ein paar simplere Puzzle-Hüpf-Kombination ins Spiel integrieren. Die dritte Verkleidung findet ihr im Berglevel. Mit schickem Bayern-Hut und Kletterhaken überquert ihr tiefe Schluchten und hangelt euch durch das Gebirgspanorama – Fehlt eigentlich nur noch eine Maß Weißbier. Der Boss, ein riesiger Adler, hält zudem „bosslike“ eine echte Überraschung parat. Ich weiß, es ist total pubertär und albern (also voll nerdy), aber hinter seinem „Ei“ baumelt eine etwas sehr unglücklich designte „Schwanzfeder“. In Bewegung im Video ab Minute 4 „wackelt“ die „Feder“ noch etwas lustiger.

Solltet ihr das jetzt nicht lustig finden, seid ihr nicht betrunken (genug) oder habt einfach keinen Humor. Gegen halb 3 in der Nacht erreicht Sebastian nicht Kater Poldi, sondern Kater Karlo, den Endgegner des Spiels. Nach einigen gezielten Schüben aus dem Feuerwehrschlauch (Noch immer kein Probotector-Feeling) und einigen charged Shots von Zaubermeister Mickey schwenkt der dicke Karlo die weiße Flagge und gibt sich der Retro-Runde geschlagen. Als Belohnung gibt es die zweiten Credits an diesem Abend. Ziemlich unspektakulär wenn man die damaligen Abspänne mit den Pauken und Trompeten von heute vergleicht. Früher wurden keine Storytwists aufgelöst, keine pompösen Videos präsentiert und auch keine Erfolge oder Trophäen freigeschaltet. Vor allem letzteres wäre ziemlich cool. Man hätte ich dann viele Punkte. Nein, hier laufen nur die Namen der Verantwortlichen von unten nach oben – Oldschool durch und durch.

Fazit

screenshot-dooms-retro-stunde-05-jpgDa waren sie also vorbei, die beiden Cartoon-Perlen aus der anfänglichen goldenen Zeit des Super Nintendo. An diesen beiden Spielen merkt man dann doch etwas den Zahn der Zeit. Ehrlicherweise reicht es bei Magical Quest, sowie Buster Bunny beim Fazit heute wohl nur noch zum netten Hüpfer für Zwischendurch. Zugegeben; Beide Spiele waren natürlich nicht solche Meilensteine wie ein Zelda, Metroid oder auch Resident Evil. Jedoch muss man fairerweise auch akzeptieren, dass diese „Standard-Hüpfer“ von damals, heute für fünf bis zehn Euro als „Arcade“ oder „Indie“ in den zahlreichen Online-Shops der Hersteller angeboten werden. Das liegt auch nicht unbedingt an der Kreativität der Spiele, sondern am Aufwand für die Programmierung. Damals verfügten Entwickler nicht über moderne und einfache Möglichkeiten schnell mal ein 2D-Spiel zu entwickeln. Aber zumindest beim Leveldesign bleibt ein seichter fader Beigeschmack. Vermeintlich findet man Spiele dieser Qualität heute „an jeder Ecke“, wobei viele Entwickler von heute sicher von eben jenen Spielen damals ihre Ideen abgekupfert haben. Insgesamt starrten wir jedoch schon ein wenig ernüchtert auf die Mattscheibe. 2016 hat man in seinem Zocker-Leben bereits so viel gesehen und erlebt, dass einen die beiden Nager einfach nicht mehr so abholen, wie sie es noch 1992 bzw. 1993 getan haben.

Show must go on

Mittlerweile liegt eine weitere Retro-Börse hinter uns und ich konnte meine Sammlung an Spielen wieder etwas erweitern. Nach „wochenlanger“ Jagd in den tiefen Abgründen von Ebay Kleinanzeigen, habe ich zudem meinen „Traumfernseher“ endlich zuhause stehen – zum sehr großen Bedauern meiner Frau. Die nächste Retro-Runde wird also noch viel authentischer, da wir nun auf standesgemäß auf Sony’s altem Flaggschiff, einem Trinitron, spielen werden. Dazu kommt das selbstgebaute RGB-Kabel von Matthias zu seiner Premiere. Natürlich freue ich mich, wenn ihr auch das nächste Mal wieder „reinlest“ und mir vielleicht ein kleines Feedback gebt.