Personenkult in Videospielen – Gerechtfertigt oder nervig?

Viele „normale“ Leute begeistern sich für Stars aus Film, TV, Musik oder Sport. Sogenannte Superstars sind gesellschaftlich akzeptiert und nichts außergewöhnliches mehr. Nerds haben dieser Tage jedoch mittlerweile auch so etwas wie ihre eigenen Rockstars in der Branche der elektronischen Unterhaltung für sich entdeckt. In der letzten Zeit erschienen gleich zwei Spiele, deren Release von einem massiven und teilweise auch etwas nervigem Personenkult begleitet wurde. Ich spreche hierbei von Nintendo’s exklusivem Trash-Action-„Kracher“ Devil’s Third und vom mittlerweile fünften Teil der kultigen Metal Gear Solid-Reihe. Bereits im Vorfeld gab es zu diesen beiden Titeln fast mehr über die Creative Direktoren und Lead-Designer zu lesen. Konami zerstritt sich mit Metal Gear Solid-Serienvater Hideo Kojima und die Fans riefen breitwillig zum Boykott auf. Konami wollte alle Hinweise auf Kojima aus dem neusten Schlangen-Abenteuer entfernen lassen. Nun ist der Name im fertigen Spiel doch geblieben und des öfteren muss sich der Spieler zwangsinformieren lassen, dass es sich bei MGS 5 um ein „Kojima Game“ handelt. Gleiches passierte in einem kleinerem Rahmen bei Devil’s Third. Tomonobu Itagaki werkelte seit Jahren auf gefühlt tausend verschiedenen Plattformen an seinem neusten Machwerk herum. Nun ist sein neuster Geniestreich (Wie er sagt) erhältlich und es hagelte weltweit kritische Bewertungen. Itagaki verkündete darüber bereits zweimal über Twitter seinen Unmut und hat damit seine Fans natürlich auf seiner Seite, die ihm weiterhin die Fahne halten.

Doch ist dieser Personenkult um gewisse Entwickler wirklich angebracht? Braucht unsere Branche auch dringend eine Art Ersatz-Rockstar, den wir geneigte Nerds „anhimmeln“ können? Itagaki und Kojima rücken sich natürlich auch selber sehr gerne ins rechte Rampenlicht und lassen sich über Social Media-Plattformen ordentlich feiern. So weiß man über Itagaki, dass in seinem Büro drei selbstgeschmiedete Katana’s von seinem Vater hängen und er am liebsten mit Sonnenbrille herumläuft. Durch seinen regen Mitteilungsdrang über Twitter, lässt er seine Fans auch absichtlich sehr exzessiv an seinem Leben teilhaben. Nun machte aber speziell bei Devil’s Third bereits im Vorfeld die Wahrheit über die spielerische Qualität des Titels recht schnell die Runde durchs World Wide Web. Und schnell wurde von Verfechtern des Spiels mit der „Entwickler-Legende“ Itagaki argumentiert. Dank passender Selbstdarstellung über soziale Netzwerke hat er sich diesen Star-Ruf irgendwie erarbeitet und so eine Fanbase kreiert. Und so wurde Devil’s Third mit dem Mythos der„Legende“ verteidigt. Schließlich habe der Mann vor etlichen Jahren mal Ninja Gaiden auf der ersten Xbox geschaffen. Und dann auch noch Dead or Alive inkl. der überaus ästhetischen und anmutenden Brustphysik. Allen Unkenrufen zum Trotz, reicht diese vergangene Leistung manchen um über offensichtliche Mängel in der Preview-Version des Wii U-Schnetzlers hinweg zu sehen. Kritik unerwünscht – Metacritic und die gesamte Presse lügt eh.

Die meiner Meinung nach negativen Auswirkungen um den Hype um so manchen Entwickler, zeigt das Beispiel von Konami. Die genauen Gründe, weshalb es zum Streit zwischen Kojima und Konami kam sind bis heute nicht wirklich geklärt. In diversen Internetforen war der Schuldige jedoch schnell ausfindig gemacht und auch gleich an den Pranger gestellt – Konami. Wie können die es denn wagen, Kojima-San vor die Türe zu setzen? Oder ist er doch selber gegangen? Egal, jedenfalls war Konami der glasklare Böse in dieser Geschichte. Muss ja so sein, immerhin hat Kojima der Welt Metal Gear Solid geschenkt. Kritisches Hinterfragen, ob er nicht vielleicht auch selber einen großen Anteil an der Zerrüttung mit seinem ehemaligen Arbeitgeber habe, wurden gekonnt von diversen Experten abgewehrt. Schließlich ist die große Firma immer unsympathischer als das große Genie, was all die tollen Spiele im Geiste vieler Fans quasi im Alleingang erschaffen hat. Am neuesten Metal Gear-Spiel haben jedoch mehrere andere hunderte Leute mitgearbeitet. Was bedeutet also Kojima für das Spiel? Ist er nun der Star, der dieses Spiel gemacht hat oder ist der ganze Wirbel vielleicht doch nur eine Art simpler Marketing-Trick?

Dass dieses Tamtam nicht immer Überhand nehmen muss, zeigen andere Beispiele. Shigeru Mijamoto zum Beispiel gilt zweifelsohne als einer der besten, wenn nicht als der beste Entwickler durch alle Epochen sämtlicher Spielegenerationen. Doch prangert kein selbstverliebtes „A Mijamoto Game“ auf allen dafür in Frage kommenden Spielen. Sein Ansehen würde solch einen Schriftzug sicherlich rechtfertigen, man verzichtet trotzdem darauf. Bescheidenheit ist eine Tugend. Fallen Gamer weltweit also auf einen Marketing-Streich herein oder polarisieren manche Menschen einfach so sehr, dass sich eine Fan-Gemeinschaft von alleine (oder gesteuert) um sie schart? Vielleicht liegt es auch einfach am neuen Medium, den sozialen Netzwerken. Nie konnten Fans ihren Idolen so „nah“ sein, wie zu Zeiten von Facebook und Twitter. Auf diese Weise sorgt mancher Entwickler, Designer oder Producer eben auch selber für „News“. Vielleicht ist es auch einfach nur natürlich, dass Menschen sich nach einem Vorbild sehnen, welches stellvertretend für das geliebte Produkt steht. Was wie eingangs erwähnt im Sport oder bei Hollywood-Schauspielern funktioniert, kann eben auch im kleineren Rahmen bei uns Nerds klappen.

Ich persönlich würde niemals einem Entwickler alleine einen solchen Kultstatus zusprechen, als das ich dessen Namen über das eigentliche Spiel stelle. Sicherlich ist mancher Designer bei mir auch hoch im Kurs und ich beobachte gewisse Projekte durchaus intensiver sobald bestimmte Personen involviert sind. Jedoch ist diese Tatsache kein Garant dafür, dass ich jenes Spiel bedingungslos kaufen würde. Persönlich liebe ich Cliff Bleszinski für seine Ideen zu Gears of War, einem meiner liebsten Spielreihen. Ich finde sein neustes Projekt aber trotzdem uninteressant, weil ich das Konzept einfach nicht überzeugend finde. So sollte es meiner Meinung nach auch sein. Das Spiel sollte im Vordergrund stehen, nicht der Entwickler-Name. Natürlich werden einige zurecht argumentieren, dass ja aber ein gewisser Entwickler stellvertretend auch erfahrungsgemäß wahrscheinlich für gute Qualität stehen kann. So denke ich beispielsweise bei „reCore“, was von Keiji Inafune entwickelt wird. Trotzdem kann ich nur vermuten, dass reCore deshalb ein ansprechendes Spiel werden wird.

Es gibt selbstverständlich auch andere (westliche) Entwickler, die sich gerne medial in den Vordergrund drängen. Peter Molyneux zum Beispiel ist ein gutes Beispiel dafür. Nur allzu gerne sprach er vor Publikum über seine anstehenden Projekte und warf mit Superlativen von Visionen nur so um sich. Meistens stellte sich hinterher heraus, dass dort recht viel heiße Luft dabei war. Darin begründet liegt vielleicht auch die Tatsache, dass der Franzose in diversen Gaming-Foren nicht überschwänglich gefeiert und verteidigt wird, wobei sich seine Vita durchaus sehen lassen kann. Ähnliche Beispiele gibt es viele: John Carmack, Ed Boon oder auch Randy Pitchfold.

Ein abschließendes Fazit kann ich selber nur schwer abgeben. Nur bin ich einfach der Meinung, dass die Fachpresse diesen Personenkult nicht weiter befeuern sollte wie im Falle von Metal Gear Solid 5 geschehen ist. Gefühlte tägliche News ob der Kojima Schriftzug es nun ins Spiel oder gar auf die Verpackung geschafft hat, sollten nicht so eine hohe Priorität genießen, wenn doch eigentlich das Spiel an sich ausreichend interessanten Stoff bieten sollte. Zum Schluss würde ich mich über Kommentare und Meinungen freuen. Seid ihr Kojima oder Itagaki Fans? Wenn ja, wieso? Und findet ihr den Wirbel gerechtfertigt?